Donnerstag, 5. Oktober 2017

"Wirklichkeit" als eine seltsame Kombination von Oberfläche und mehr…

Wenn ich zwischen zwei qualitativ gleichwertigen Sushi-Restaurants wählen kann, und Restaurant A beschäftigt überwiegend japanische oder typisch japanisch aussehende Servicekräfte, Restaurant B aber nicht – dann entscheide ich mich in der Regel für Restaurant A. Einfach aus Gründen des Genusses. Das Auge isst mit. – Es ist eben nicht ganz unwichtig, was dem Auge geboten wird. – Mein Gemüt erfreut sich an japanischer Kultur, ob nun in Form der Speisen auf meinem Teller, oder in Gestalt eines Menschen, der vor mir steht.

Überhaupt mag ich die Asiaten, denn ich habe sie überwiegend als bescheiden und zurückhaltend in Erinnerung. Oder in sympathischer Weise verrückt.

Könnte das Restaurant mich nicht komplett mit Asiaten bedienen, so wäre es nach meinem Geschmack, wenn sie wenigstens auf "Deutsche", "Türken", "Italiener" etc. verzichten würden. Die habe ich in Berlin nämlich schon genug. Und im Sushi-Restaurant will ich mal eine Abwechlung, mal etwas Fremdes, etwas Neues, etwas Anderes haben.

Ich bin dabei nicht stur, nicht fanatisch fixiert. Ich kann selbstverständlich auch ins Restaurant B gehen, aber in der Regel bevorzuge ich Restaurant A.

Ich bin ja kein stumpfer Rassist. Ich bin ein Feingeist.

Mein Genussempfinden setzt nicht aus, sobald ich ein Restaurant verlasse.

In der gleichen Weise – also auf Basis meines Genussempfindens – sehe ich die anhaltende Vermischung von Völkern mit skeptischem Blick. Ein wildes Potpourri an "Rassen" ist für mich nicht ein so klares Geschmackserlebnis – bzw. ein anderes – wie eine weitgehende "völkische" Homogenität. Gleichzeitig schätze ich es aber auch, wenn eine Bevölkerung nicht allzu streng homogen ist, sondern ein paar bunte Ausreißer in den eigenen Reihen hat.

Ton in Ton mit ein paar bunten Sprenkel ist sozusagen meine Lieblingsfarbe, mein Lieblingsgeschmack.

Ich buche einen Urlaub, nur um die Erfahrung zu machen mit anderen Menschentypen, einem anderen Schlag von Menschen, in Kontakt zu kommen. Die Rasse ist dabei zwar eine untergeordnete Kategorie, aber doch eine, die für mich einen wesentlichen Beitrag am Gesamtgenussempfinden hält.

Das Auge isst mit. Und wenn wir in diesem Zusammenhang über Essen reden, dann dünkt es uns, wir würden hier eine etwas tiefere Wahrheit anschlagen…

Was ist das Verbot von Diskriminierung anderes als ein Verbot von Oberflächlichkeit, ein Verbot von Irrationalität?

Nichts anderes. Genau das. Du sollst: die Wirklichkeit assoziativ richtig erfassen.

Die Frage ist, wie die Menschheit ihre Genüsse priorisiert und moralisch einordnet.

Gibt es gute und böse Genüsse?

Der Mensch als Genussobjekt. Der Mensch als Hassobjekt. Der Mensch als Objekt.

Die Menschheit genießt und hasst sich selbst. Objektisch.

Es braucht für den Rassismus nicht mehr Oberflächlichkeit als für den Genuss an "hübschen" Menschen. Wer den Rassismus verurteilt, kann aus dem gleichen Grund, aus dem er Rassismus verurteilt, auch die Modebranche verurteilen, die eine unerbittliche Selektion von "hübschen" Menschen praktiziert und eine entsprechende Geisteshaltung fördert.

Der allgemeine Schönheitskult diskriminiert nur nicht so platt und offensichtlich wie die historischen Formen des Rassismus. Es gibt keine Regel, die sagt, dass Hässliche im Bus hinten sitzen müssen, so wie es früher in Amerika die "Neger" mussten.

Die oberflächliche Diskriminierung seitens des Schönheitskultes ist trotzdem eklatant in der Masse betrachtet: Hübsche Menschen steigen leichter beruflich auf. Hübsche Menschen werden vor Gericht mit milderen Strafen belegt.

"Lookismus" – Verdient das nicht die gleiche Verachtung wie Rassismus? Wieso gibt es darüber keinen Konsens in der Gesellschaft?

Warum verurteilen wir den Rassismus nochmals? – wegen der Oberflächlichkeit? Weil wir Menschen uns eigentlich der Tiefe zuschreiben wollen?… oder glauben, dass wir es eigentlich tun müssten?…

These: Der Mensch ist als Erscheinung körperlich – doch als Wesen ist er geistig. Wir wollen das glauben… Wir sollen das glauben… Ich empfehle es, das zu glauben! … Es zu leugnen hieße, sich selbst zu leugnen.

Darf man hier Kompromisse machen?

Kompromisse mit der Moral?

Wenn es um Feinheiten geht?

Einen Toleranzbereich für unsere Mindestmoral?

Ein bißchen den Genuss am Menschlich-Objektischen erlauben? Ein bißchen Diskriminierung erlauben? Ein bißchen Oberflächlichkeit?

Ich sage: ja. Und das ist ja genau das, was wir alle seit Geburt an machen.

"typisch menschlich"

Ein paar Puristen, Idealisten sind aber immer willkommen.

Wir lassen uns von Oberfläche mithin sogar regelrecht verzaubern. Bis hin zur Objektophilie.

Was ist Verliebt-Sein anderes als ein Fall von Objektophilie?

Und dieser Rausch der Verzauberung durch Oberfläche ist so beeindruckend, so tiefgehend, dass sogar die Wertung des Werturteils "oberflächlich" überdacht werden kann.

Die Oberfläche reicht tief ins Wesen hinein. Die visuelle Information berührt unsere Seele.

Gibt es vielleicht sogar eine tiefe Korrelation zwischen Oberfläche und Tiefe?

Verraten die Wellen des Meeres manchmal etwas über den Zustand in der Tiefe?

Aber wir wollen es natürlich nicht so weit treiben, dass wir daran glauben, dass die Form der Nase etwas über den Denkstil oder die Gesinnung eines Menschen verrät… Ein böser Gedanke! – den ich weitestgehend für falsch halte. (Glück gehabt…)

Was den Schönheitskult und die natürliche Oberflächlichkeit des Menschen angeht, so gibt es zumindest einen kleinen, schönen Moment von Freiheit darin: Im Prozess des Verliebens wird das Objekt seiner Begierde durch eine mysteriöse, innere Kraft sehr machtvoll verschönert. Da ist viel bewusste Absicht darin.

Schönheit ist eine unschuldige Kraft im Universum – wie das Licht oder die Gravitation.

Vielleicht liegt die Schönheit und der Hang zur Selbst-Verschönerung eher bei den Frauen, weil die Schönheit das i-Tüpfelchen auf der Realität ist. Ein i-Tüpfelchen, das den Genuss noch einmal ungeheuer steigern kann. Der "Finishing Touch", eine Art Weihung und Segnung der Realität / des Objektes.

Damit haben die Frauen den Ursprung des Lebens und den allerletzten Fertigungsschritt, den letzten Feinschliff. Dazwischen liegt die Welt der Männer. – Danke!

Denken wir ein paar schöne Gedanken.

Und auch die häßlichen.

Stellen wir uns unserer eigenen Hässlichkeit.

Ich bin abgeschweift.

Ich merke, dass mir der Rassismus nicht soo wichtig ist…




... comment

 
Menschen als ästhetische Objekte zu behandeln, vielleicht sogar in erster Linie - das ist im Alltag sicher nix ungewohntes und an sich nicht so skandalös, wie es sich anhört. Oder doch? Ich bin mir nicht sicher. Dein provokativer Schreibstil ("das Auge isst mit") kommt ziemlich dekadent rüber. Diese halbfiktive Figur : Ein Menschen-Genießer - kein Rassist im eigentlichen Sinne - sondern ein zynischer Ästhet, der bei der Bestellung seines Dienstleistungs-Personals nicht auf Wahlmöglichkeit in der Kategorie "Rasse" verzichten möchte. Viel sympathischer als der eingefleischte Rassist, der an die genetische Überlegenheit seiner phänotypisch Nächsten glaubt, ist der mir aber auch nicht.
Dein Hinweis auf das uralte Phänomen mit dem neunen Namen "Lookism" weist, meiner bescheidenen Meinung nach, zumindest auf ein Problem hin, dass allen Formen der Diskriminierung zu Grunde liegt. Nicht die Oberflächlichkeit an sich, aber eine unglaubliche Bereitwilligkeit, sich dieser scheiß Oberflächlichkeit hinzugeben, als ob alles "Tiefere", als ob alle egalitären Ideale nichts als naives Wunschdenken wären, und nicht Mittel, sich aus der beschissenen Faktizität zu befreien!

... link  

 
Vielleicht bin ich deswegen so talentiert, was Zynismus angeht, weil ich den Schmerz über "Lookism(us)" selbst sehr stark empfinde.

Schonmal einer interessant wirkenden Frau hinterher geguckt – die aber nur solange interessant wirkte, wie Du noch nicht ihr Gesicht gesehen hast? Die sich dann aber umdrehte, und dann – ganz plötzlich – ist all Dein anfänglicher Schwall von Bewunderung im nächsten Gulli versickert? Als wäre er nur ein bescheuerter Irrtum gewesen? Eben doch keine Offenbarung von Göttlichkeit…

Der Idealist in mir fordert, dass ich mir die Augen auskratzen soll. Ich bin es diesen Frauen schuldig.

Und wie viele Menschen gibt es wohl, die sich aufgrund einer hässlichen Entstellung ihres Gesichts gar nicht auf die Straße trauen? Und die vielleicht niemals eine romantische Liebesbeziehung führen werden? Die früher vielleicht als "Freaks" eine Anstellung im Zirkus erhalten hätten…

Auch diesen Menschen bin ich es schuldig, mir die Augen auszukratzen. Denn ich weiß, ich bin ungerecht mit meinen Augen, durch meine Augen.



Und dann gibt es da aber auch den Künstler in mir – der natürlich vor allem erstmal Konsument ist, Menschen-Genießer, wie Du so schön sagst, und der in einer Welt lebt, in der Schönheit zwar relativ ärmlich verteilt ist, aber doch "an sich" nichts Schlechtes.



Mein tendenzieller Genuss an asiatischen Menschen ist, wie er ist. Meine Bevorzung für Sushi-Restaurant A ist, wie sie ist. Das bin ich in der Tat ganz real, nicht fiktiv.

Die Moral verlangt aus meiner Sicht erstmal nur eins: Dass ich auch die Prüfung mache mit mir selbst als Betroffenen. (Dies halte ich für einen Grundsatz allgemeiner Meta-Moral…)

Ich gehe also zu einem Sushi-Restaurant und bewerbe mich als Service-Kraft. Dort kriege ich zu hören, dass man eigentlich lieber "japanische" Service-Kräfte wünscht und schickt mich nach Hause.

Dies ist kein Genuss. Sondern eine Mißempfindung. Auch ein Gefühl von "Ungerechtigkeit".

Wo die Grenzlinie zwischen gut und böse hier genau verläuft,… das beantworte jeder für sich selbst. Sofern man denn Lust hat, sich so den Kopf zu zerbrechen…

... link  


... comment