Donnerstag, 18. Januar 2018
 in: Moral und Verhaltensnormen

Für den Fall, dass wir dieses Jahr doch nochmal die Ehre haben, an die Wahlurnen gerufen zu werden. Eine Suggestion:

Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.

Ich schreibe dies nicht, weil ich behaupte, dies sei eine einfache, klare Wahrheit.

Ich schreibe dies auch nicht, weil ich will, dass Du dies glaubst.

Ich schreibe dies nur deswegen nieder, um dem Überangebot an entgegengesetzten Suggestivbotschaften im öffentlichen Raum eine entsprechende Gegenkraft beizufügen.

Auf dass sich Kraft und Gegenkraft aufhebt, und sich auch schwache, beeinflussbare Geister wieder auf die eigene Meinung besinnen können. Dann könnte man mal ganz unvoreingenommen zum AfD-Programm greifen und schauen, was einem dort gefällt und was nicht. Frei von moralischen Verboten, subtiler Verkrampftheit, sonstigem irrationalen, psychischen Druck und sozial programmierter Voreingenommenheit.

Wir kennen in unserer Demokratie das Prinzip der geheimen Wahl, weil wir um die Schwäche und Beeinflussbarkeit des Individuums wissen. Und weil wir um den häßlichen Trieb des Menschen zur Übergriffigkeit wissen.

Was uns in diesem Bewusstsein noch fehlt, ist das ausdrückliche Prinzip und der Wille zum Verzicht auf Suggestionen. Denn uns fehlt grundsätzlich die Disziplin zu einer inneren Sauberkeit und – damit zusammenhängend – zur Fairness im Umgang miteinander. Stattdessen bedrängen wir uns ständig gegenseitig, sind übergriffig und wollen die Bewusstseinsinhalte und das Verhalten unserer Mitmenschen auf ziemlich grobe Art und Weise bestimmen. Und meistens geschieht das deswegen, weil auch unser Kopf nicht wirklich uns gehört. Es herrscht ein kleiner Krieg in uns und unter uns.

Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.

Hinweise zur Benutzung:

Man spreche den Satz ohne jeglichen Glaubenszwang. Die Absicht zum Andersglauben ist nicht notwendig. Man spreche ihn also immer wieder aus und lasse alles hochkommen, was hochkommt. Wenn sich jedes Mal eine Gegenstimme meldet, die sagt "Nein, es ist nicht okay!", ist das kein Problem. Man spreche unbeirrt weiter, ohne jegliche Wertung von Stimme oder Gegenstimme. Wenn sich auf die Dauer nichts ändert, dann lasse man davon ab. Möglicherweise aber passiert auch ein plötzliches Umschlagen der vorgefassten Meinung.

Falls der Satz überhaupt nicht mit dem eigenen Gefühl kompatibel ist, kann man auch den Versuch machen, ihn anzupassen, die Formulierung etwas zu variieren.

Es ist exakt diese Phänomenlage, die der erste und vielleicht einzige Grund ist, dass ich so einen Blog hier verzapfe.

Ich bin, wie gesagt, empfindlich, wannimmer es um die innere und äußere Freiheit des Menschen geht. Und ich bin empfindlich, wenn es um die Ehrlichkeit des Menschen und das Einlösen von Versprechen geht. Ehrlichkeit, Zu-seinem-Wort-Stehen und Demokratie sind für mich immernoch Ideale. Da ich das Versprechen der "Demokratie" (das Etikett, die Behauptung) immernoch einigermaßen ernst nehme (naiverweise?), bin ich also leicht zu triggern, wenn ich Kräfte bemerke, die der Demokratie entgegen wirken.

Eine Demokratie ist aber immer nur so gut realisiert, wie auch der einzelne Mensch in ihr das notwendige Maß von Mündigkeit / geistiger Reife und Selbstständigkeit aufweist. Wenn große Teile der Bevölkerung unter dem Druck einer Ideologie oder einzelner, wahnhafter Ideen stehen, ist es mit der Demokratie nicht weit her. Denn dann ist die "freie Wahl" an der Urne meistens nicht mehr wirklich frei. (Hier ließe sich natürlich auch die grundsätzliche Frage aufwerfen, inwieweit der Mensch von heute überhaupt schon reif für die Demokratie ist. Und diese Frage ließe sich vielleicht genauso gut bejahen wie verneinen.)

Im gleichen Sinne hilft auch keine Glaubensfreiheit, die vorrangig auf dem Papier existiert: Es gibt in der Tat immernoch Menschen unter uns, die noch Mitglied in einer der großen Kirchen sind, weil sie sich einfach nicht trauen, auszutreten! Es sollte uns unglaublich in den Ohren klirren, dass so etwas sich immernoch unter "Erwachsenen" ereignet. Es sollte Lachen oder Erstaunen oder völlige Konsterniertheit erzeugen. Aber es ist immernoch zu normal für uns. Immernoch wirkt der eigentlich kindische Glaube an Himmel und Hölle in vielen unserer Gehirne. (Es gibt nicht wenige Kopftuchträgerinnen, die ihr Kopftuch nicht ablegen können – aus Angst vor Allah, aus Angst vor den Gott-Konzepten, die man ihnen eingetrichtert hat.)

Muss ich den ungeheuren Druck erläutern, der bezüglich der AfD vom Mainstream her erzeugt wurde?

Würdest Du Dich auch nur trauen, Dein Kreuz bei der AfD zu machen? Und dann öffentlich dazu stehen?

Könntest Du mit einem Freund, der AfD gewählt hat, in der U-Bahn sitzen und offen mit ihm über Politik und seine Wahlentscheidung reden? Oder würdest Du lieber als jemand dastehen, der keine AfD-Wähler persönlich kennt? Wäre es Dir peinlich? Und würdest Du vielleicht sogar befürchten, Pöbeleien ausgesetzt zu sein?

Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.
Es ist vollkommen okay, die AfD zu wählen.

 




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Dienstag, 29. August 2017
 in: Moral und Verhaltensnormen

Da ist er wieder: Einer dieser Momente, in denen ich mich frage, ob die Welt verrückt ist, oder ob ich es bin. Und ich bin ziemlich sicher, dass es doch eher die Welt ist. Oder nicht die ganze Welt. Nur ein Teil davon – unter ihnen auch viele "Journalisten"...

Da bringt die Welt (Autor: Matthias Heine) doch in der Tat einen eigenen Artikel zu der Frage heraus, ob "entsorgen" ein Nazi-Wort sei...

welt.de: Ist Gaulands 'entsorgen' wirklich ein Naziwort?

Was kann man hierzu noch sagen?

Nur so viel: Das Wort "Wortschatz" gehört zu den schönsten Schöpfungen der deutschen Sprache. – Weil es ein Wort voller Wahrheit ist. Worte sind Schätze. Wer das nicht versteht, ist ein Dummkopf. Wer ein Wort verbieten oder verdrängen will, der ist in der Pflicht für gleichwertigen Ersatz zu sorgen. Und wenn dies nicht gelingt, muss von jeglichen Verdrängungsabsichten Abstand genommen werden. Worte sind so elementar für den Menschen, dass es auch egal sein muss, von wem oder was sie her stammen. Sie sind Ausdruckswerkzeuge. Nicht mehr und nicht weniger! Und wie begrenzt ist der menschliche Ausdruck doch so oder so schon! Wie sehr ringt man häufig mit der Sprache, um genau "ins Schwarze" zu treffen.

Man verbietet oder schmäht Worte ebenso wenig wie man dem Maler seine Farben verbietet.

Das ist für mich eben auch eine moralische Norm. Und hier bin ich Moralist von schlimmster Sorte: D.h. ich will Dir ganz bewusst und berechnend ein schlechtes Gewissen machen, wenn Du nicht nach meiner Norm handelst. Du bist für mich ein "böser Mensch", wenn Du anders handelst. Einen, den ich auf den Mond schießen will – wenn ich gnädig bin: normalerweise droht Dir Schlimmeres.

Und so kriege ich die Krätze, wenn ich nur jemanden die Frage stellen höre, ob dieses oder jenes Wort ein "Naziwort" ist. Ich habe obigen Artikel noch nichtmal gelesen. Ich habe aber mir Schrecken wahrgenommen, dass der Artikel dort sogar in der Rubrik "Kultur" gelistet ist.




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Sonntag, 27. August 2017
 in: Moral und Verhaltensnormen

Hat es je der Satz "Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert!" in Ihr Gehirn geschafft?

In einem Maße, dass Sie sich innerlich der Verpflichtung verschrieben haben, einen Pfennig auch immer aufzuheben, wenn Sie einen auf der Straße liegen sehen?

In einem Maße, dass Sie sogar ein schlechtes Gewissen befallen kann, wenn Sie es einmal nicht tun?

Wenn ja, dann gehören Sie vermutlich zur Mehrheit in unserer Gesellschaft. Oder auch nicht, vielleicht leben ja gar nicht so viele unter der Herrschaft dieses Leitgedanken. Aber in jedem Fall gehören Sie zu der Mehrheit in unserer Gesellschaft, die irgendwie total anfällig ist für – unbegründeten, ungeprüften Scheiß jeder Art.

(Zugegeben: Das meiste davon saugen wir schon als Kinder auf. Insofern ist uns nicht alle Schuld zuzurechnen. – Aber die Vernunftfilter, die wir uns als Erwachsene aufgebaut haben, sind häufig auch sehr mangelhaft.)

Der Wert eines Cents lässt sich ungefähr auf eine Kugel Eis alle 120 Cents festlegen. Wer 120x am Tag einen Cent findet, kann sich dann ein Eis kaufen. Ein Cent ist 1/120 Eis wert.

Welche objektiven Gründe gibt es also zu sagen "Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert"?

Es bleiben in jedem Fall nur "prinzipielle Gründe". Aber sind diese Prinzipien auch genau geprüft? Und sind es wirklich die unseren? Und welchen Grund gibt es wirklich für den Schluss von: "Du achtet diese paar Cent nicht" zu: "Du achtest Geld insgesamt nicht!"?

Und geht es nicht auch ganz allgemein etwas sachlicher, freier? Ohne eine starre Regel, die nur ein ganz bestimmtes Verhalten als zulässige Form der Wertschätzung anerkennt? Mit Raum für die persönliche Eigenart eines jeden?

Der eine drückt seine Wertschätzung auf die eine Weise aus, der andere auf eine andere...

...

Eine Stimme hat bei 30 Millionen Stimmenabgaben ein Gewicht von 1/30 000 000. Das entspricht einem Prozentwert von 0,000003333 %. Man braucht 300 000 Einzelstimmen, um einen Prozentpunkt Unterschied auszumachen.

...

Ich war schonmal nicht wählen, genauso wie ich mich schonmal nicht für ein paar Cents gebückt habe. Die Gründe waren jeweils die gleichen: Ich war gerade in Eile.




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Dienstag, 8. August 2017
 in: Moral und Verhaltensnormen

Ich bin letztlich kein Immoralist. Auch wenn ich es auf philosophischer Ebene immer wieder versuche und die Grundannahmen der "Moral" lustvoll in Frage stelle – auf pragmatischer Ebene bin ich Moralist. Es gibt für mich gut und böse, richtig und falsch, besser und schlechter. Und ich formuliere Ansprüche daraus, sowohl an mich selbst als auch an andere.

Aber woran liegt es nur, dass das Wort "Moral" trotzdem einen so faden Beigeschmack hat? Ein Selbstbekenntnis zum "Moralisten" fühlt sich fast wie ein Bekenntnis zum Onanisten an. Nur mit dem Unterschied, dass ich letzteren für harmloser halte (auch für anständiger...) und er mir weit sympathischer ist.

Der Konflikt liegt vielleicht "nur" im Reich der Sprache. Wenn ich z.B. von mir sage, dass ich ein "Mann mit Prinzipien" bin – was im Grunde das gleiche meint –, dann klingt das schon wieder ganz anders. Oder wenn ich sage, dass "gut und böse" für mich existieren, dann muss man deswegen auch nicht gleich das Wort "Moral" auspacken. Ebenso "Haltung beweisen", oder "seiner Verantwortlichkeit gerecht werden" – sogar das Wörtchen "Anstand" und eine entsprechende Forderung danach ist mir nicht so unangenehm wie das Wort "Moral".

Der Grund für mein Unbehagen ist wohl dieser: Der Geltungsanspruch der Moral ist in der Regel ein absoluter. Die "Prinzipien" sind hier ausgehärtet, erkaltet, fertig, unpersönlich, "objektiv" – und eben verbindlich. Und Moral kennt keine Toleranzen, zumindest tut sie sich sehr schwer damit. In der Moral schwingt auch der Grundkonflikt zwischen Individuum und Kollektiv mit: Wieviel Normung und Einmischung in das Privatleben des Einzelnen darf sich das Kollektiv erlauben? (Z.B.: Welche Drogen erlaubt die Gesellschaft?) – Eine zentrale Frage für die Politik und jede Gesellschaftsgestaltung. Und eine Frage, die wiederrum eine moralische ist... Moral steht hier potentiell in ihrer eigenen Schusslinie. Das Setzen von (zuviel) Moral kann auch amoralisch sein.

...

Ich halte es für moralischer, Rindfleisch zu essen anstatt z.B. Hühnerfleisch. Ganz einfach deswegen, weil beim Rind pro gequälter Tierseele mehr Kg an Fleisch abfällt. So müssen weit weniger Seelen gequält werden, um eine Gemeinschaft von Menschen zu ernähren. (Gehen wir perverserweise mal davon aus, dass nicht-artgerechte und qualvolle Massentierhaltung zum jetzigen Zeitpunkt die noch unvermeidliche Norm ist.)



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