Ich habe mich im letzten Text einer irreführenden Formulierung bedient:
"Das Dogma, dass Homosexuelle all die Rechte von Heterosexuellen haben müssen, ist eines der stärksten unserer Zeit."
Diese Formulierung suggeriert, dass Heterosexuelle und Homosexuelle jemals "andere Rechte" hatten. Das ist aber zumindest aus formaler Sicht absolut falsch. Heterosexuelle und Homosexuelle waren schon immer vor dem Gesetz absolut gleich und hatten genau die gleichen Rechte. So hatte ein schwuler Mann genau wie jeder andere das Recht, sich eine Frau zu suchen und sie zu heiraten. Das Problem war "nur", dass dieses gleiche Recht nicht seinen Bedürfnissen entsprach. Heute wird das gerne so verpackt, als wäre es ein Fall von "Diskriminierung", wenn man homosexuellen Menschen nicht die Möglichkeit einer gleichgeschlechtlichen Ehe einräumt. Diese Denkmode halte ich für fragwürdig. – Misstrauisch macht mich hier vor allem die Leichtigkeit, mit der man aus Menschen mit anderen Bedürfnissen einen andere Menschenart ("Homosexuelle") zu machen scheint. Es ist vielleicht aber keine andere Menschenart. Es sind nur Menschen mit anderen Bedürfnissen. (Oder begründet gerade dies eben eine andere "Menschenart"?)
Menschliche Bedürfnisse jedenfalls sind, wie bereits erwähnt, der Anfang aller Politik. Es ist vielleicht notwendig, sich dies stärker ins Bewusstsein zu rufen. Der demokratische Ansatz und überhaupt alle Politik sollte um diese "Tiefendimension" erweitert werden; die politische Gültigkeit eines Bedürfnisses hängt auch von Qualität, Tiefe und Stärke ab, also weniger – oder gar nicht – von Mehrheiten in der Bevölkerung. Der Mensch ist dann gefordert, diese Tiefendimension auszuloten. Und wenn er dann zu dem Schluss kommt, dass ein Bedürfnis tief und stark im Menschen sitzt, dann ist dies ein starkes Argument dafür, eine entsprechend "freundliche" Politik zu machen.
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