Montag, 16. August 2021

Die Begründungsweisen, mit denen man die bevorstehenden Schikanen für Impfunwillige rechtfertigt, haben für mich eine fast kindische Qualität: "Wir akzeptieren die persönliche Entscheidung, aber wer sich nicht impfen lassen möchte, der muss dann auch die Konsequenzen tragen."

So ähnlich könnte man auch die Todesstrafe für Vergewaltiger rechtfertigen. Man nennt die Strafe nur nicht Strafe, sondern z.B. "Automatismus" oder "Konsequenz". In einem Land, in dem für Vergewaltigung ein Todesautomatismus festgesetzt ist, weiß doch jeder Bescheid! Wer vergewaltigt, wählt gewissermaßen selbst den Tod. Und den Tod selbst wählen, das darf man. Also, wo ist das Problem? Es ist ja wirklich keine Strafe, sondern lediglich ein Automatismus, frei von Hass, Rachsucht oder Menschenverachtung. Das Leben kennt so einige Automatismen, an deren Ende der Tod steht, und wenn wir den ein oder anderen künstlichen Automatismus hinzufügen, dann ist das kein Ausdruck von Unmenschlichkeit, sondern im Gegenteil: Ausdruck einer Gesellschaft, die den Menschen in Freiheit und Eigenverantwortung würdigt.

Ich kann im übrigen fast nicht glauben, dass die Politiker ihr Das-ist-keine-Impfpflicht-Framing wirklich ernst meinen. Es ist mehr ein Säbelrasseln in der Hoffnung, dass dies noch ein paar mehr zur Impfung treibt.

Aus philosophischer Sicht halte ich es durchaus für eine gültige Sichtweise, einen "Todesautomatismus" nicht für eine "Todesstrafe" zu halten. Genauso wie ich es für eine gültige Sichtweise halte, die eine oder andere Schikane für Ungeimpfte nicht als Impfpflicht zu interpretieren. Auch ist es möglich, sich auf den Standpunkt zu stellen, dass das Glas halb voll anstatt halb leer ist.

Das Kindische liegt für mich in dem Umstand, dass sich ein Erwachsener jeweils auf die ein oder andere Sichtweise versteift in der absoluten Überzeugung, dass man im Besitz der einzig gültigen Interpretation ist.




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