Mittwoch, 17. November 2021

Ich dachte ja eigentlich, dass es so etwas wie eine allgemeine Furcht vor starken kollektivistischen Tendenzen gäbe. Ich dachte, dies könnte der tiefere, seelische Grund sein, warum so viele Menschen heutzutage Nationalstaaten ablehnen. Ich dachte, man lehne machtvolle Kollektive ab, weil man sich zwanghaft an den Horrorszenarien orientiere; an den Nazis oder an den Borgs aus Startrek. Man habe immer fürchterliche Kollektivdynamiken vor Augen, in denen jedes individuelle Treiben im Keim erstickt wird. Von diesen Szenarien möchte man sich so weit wie möglich entfernen.

Doch dem ist anscheinend nicht so. Man hat zur Zeit überhaupt nichts gegen eine biologische Gleichschaltung und ruft ziemlich früh und ziemlich fantasielos nach einer Impfpflicht. Die Aggressionen dabei schießen mehr und mehr raus. Niemand scheint in der Politik z.B. auf die Idee zu kommen, die Peitsche erstmal beiseite zu legen und es erstmal mit Zuckerbrot zu probieren. Ok, abgesehen von der Bratwurst vielleicht. Wie wäre es mal mit einer Bonuszahlung für Pflegekräfte, die sich jetzt doch impfen lassen? Oder wie wäre es mal mit der Ausgestaltung eines umfassenden Entschädigungsanspruches im Falle von Impfschäden? – Im Wesentlichen fehlt mir das Zuckerbrot. Mir fehlt die nette, respektvolle Behandlung seitens des Staates. Mir fehlt der Anstand. Dass man jetzt mehr und mehr die Peitsche auspackt und immer noch eine Gemeinheit nachlegt, ist deprimierend.

Es gibt also keine allgemeine Furcht vor kollektivistischen Tendenzen. Oder es gibt sie doch, aber es siegt eben wiedermal der tiefere Trieb in uns. Und dieser Trieb mag das Kollektiv, das Autoritäre und die einfachen Antworten. Zumindest in Stresssituationen wie dieser Pandemie.

Übrigens lautet der übergeordnete Imperativ nicht: "Lasse Dich impfen!", sondern: "Verhalte Dich verantwortlich!" Dies aber ist je nach Lebenssituation häufig auch noch sehr gut ohne Impfung zu erfüllen. Insofern gibt es keinen guten Grund und keine Legitimation für irgendwelche Gleichschaltungsaggressionen.




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