Samstag, 29. September 2018
Was mir bis hierhin so alles durch den Kopf ging.
  1. Es gibt in den Streitereien zwischen "Rechts" und "Links" kein Maß und keine Mitte. Bzw. viel zu wenig davon. Dies hat auch damit zu tun, dass der Mensch immernoch unter einem allgemeinen (Selbst-)Überforderungsyndrom unter der Moral leidet. Er steht auf Kriegsfuß mit dieser, hat ein grundsätzlich gestörtes Verhältnis zur Moral und zur bedrohlich wirkenden Gut-Böse-Dualität. Er kennt nur Himmel oder Hölle, Jesus Christus oder Hitler, die totale Selbst-Aufgabe oder den totalen Egoismus. Eine gesunde Mitte kennt er nicht. "Ein bißchen gut" gibt es für ihn nicht. Er ist es zumindest nicht gewohnt, in solchen Abstufungen zu denken. Jesus Christus, sein vorgelebtes Opfer, seine Maximalmoral und seine extreme Definition von Gut-Sein hat hieran sicherlich auch seinen Anteil. Der Mensch denkt lieber in Extremen und alles, was moralisch assoziiert ist, wird leicht ins Extreme getrieben. So läuft das Nicht-Diskriminierungsideal in der Hand von hochidealistischen Linken letztlich auf die Forderung hinaus, alle Staaten und Nationen abzuschaffen, denn schon die Staatsangehörigkeit ist für sie eine Diskriminierung. Und so gibt es in ihrem Denken z.B. auch keine Möglichkeit, Multikulti zu dosieren und nur "ein bißchen Multikulti" zu wählen. Es gibt nur bunt oder braun, Vielfalt oder Einfalt. Liebe oder Hass. Zustimmung oder totale Opposition. Sogar ein "Ja, aber… " ist verpönt. Ein leiser Zweifel oder Einwand ist nicht genug Zustimmung. Und bereits die bloße Wir-Bildung, die Unterteilung in ein "Wir" und "die anderen", trifft der Rassismusvorwurf. – Das sind alles sehr extreme, wenn man so will, extremistische, in jedem Fall fragwürdige Positionen, die keine Mitte und kein Maß erlauben.
  2. Ich glaube der Mensch ist auf tiefster Ebene gut. Daher gelingt es mir auch, mich meinen Phobien zu stellen und im Denken trotzdem die Wege zu gehen, die von irgendwo her in meinem Bewusstsein als "gefährlich" gebranntmarkt werden. Ich glaube an die Legitimität aller einfachen, elementaren Wünsche im menschlichen Bewusstsein. Wie z.B. der Wunsch nach einem homogenen Volkskörper oder auch der Wunsch nach einer Portion Himbeereis. Wo einem elementaren Wunsch ein aggressiv moralisches "Nein!" entgegengesetzt wird, ist der Mensch immer ein wenig irritiert. Er versteht es nicht.
  3. Die allerwenigsten haben tiefen Respekt vor dem Geist des anderen, weil es grundsätzlich noch keinen tiefen Respekt vor dem Geist gibt. Man hat auch die Würde des eigenen Geistes noch nicht entdeckt. (Aber man schwafelt gerne von der Würde des Menschen.) Was? Wie? Mein Geist hat Würde?
  4. Einer der Gründe für diesen Mangel an Respekt vor dem Geist ist: Der Mensch ist immernoch vom durch die Glaubensreligionen in die Welt gesetzten Glaubensideal bzw. Glaubensglauben vergiftet. Daher dieses fast überall zu beobachtende wilde Greifen nach ideologischen Prämissen und sonstigen Mentalfixierungen, nach "Glauben", oder was man dafür hält. Selbst, wer nicht religiös ist, bekommt etwas davon ab, weil er ständig mit einer Gesellschaft in Kontakt steht, in der es überhaupt nicht als verächtlich oder peinlich gilt, mit Eifer einerseits und Ignoranz andererseits den größten Scheiß zu glauben. Nein, es ist sogar normal, sogar ein Ideal. Man konnte so bisher noch kein Schamgefühl bezüglich ideologischer Befangenheit und Realitätsverlust entwickeln und man geht mit Gedanken und "Wahrheit" teilweise um wie mit Kleidungsstücken. Man wählt sie aus je nach Mode des Zeitgeists und dem "letzten Schrei" in der Gesellschaft. Man trägt, was andere tragen. Oder man stellt sich absichtlich dagegen und ist "Punk" oder sonstiger exzentrischer Individualist mit einer ganz "eigenen" Mischung absonderlicher Gedanken. Die wenigsten streben in Reinheit nach den wahreren, teils unspektakuläreren Gedanken. Der Glaube an Wahrheit ist oft auch grundsätzlich gestört. Die Existenz von Wahrheit wird unter Hobbyphilosophen gerne verneint und verkompliziert. – Weniger (künstlicher) Glaubensglaube, mehr (natürlicher) Wahrheitsglaube sollte zur Gesundung beitragen. – In all dieser Grobheit konnte bisher nur wenig Feinheit und Ausgeglichenheit gedeihen.
  5. Die freie Wir-Bildung ist ein Elementarrecht des Ichs, des Geistes. Ein Wir-Bewusstsein ist immer unschuldig, egal wie oberflächlich es orientiert ist, solange es erstmal nur um das Wir-Bewusstsein und Wir-Erleben geht. Folglich ist auch ein "völkisches Wir-Bewusstsein" absolut unschuldig.
  6. Man beachte, wie der auf Hyperkorrektheit bedachte Mainstream, der ein "völkisches Wir-Bewusstsein" unbedingt verhindern will – sich also massiv in das gruppenbezogene Identitätsverhalten des Individuums einmischt –, keinerlei hohe Ansprüche an das ich-bezogene Identitätsverhalten des Einzelnen richtet und auch keinerlei grundsätzlichen Forderungen an die Menschenwahrnehmung stellt. Für das berühmte Ideal "innere Werte" interessiert sich dieser Mainstream nicht. Nicht wirklich. Nicht genug. Germany's Next Top Model erzeugt bei zu wenigen Menschen Schamgefühle, Herzschmerzen und Kopfschütteln. Man darf heute oberflächlich genug sein, um sich für einen Pickel im Gesicht zu schämen, nur nach "hübschen" Frauern/Männern Ausschau zu halten oder sich würdelose Castingshows im Fernsehen anzugucken – aber nicht, um eine völkisch homogene Gesellschaft zu mögen und erhalten zu wollen. Dieser Kontrast "schreit zum Himmel" und ist ein Zeichen von Unehrlichkeit und inkonsistentem Bewusstsein. In diesem Sinne ist der Anti-Rassismus unehrlich, ein Witz, eine antrainierte Moraldressur ohne jede Tiefe aber mit jeder Menge Willkür, Angst und Neurose.
  7. Das kulturelle, geistige Niveau des heutigen Menschen ist allgemein ziemlich niedrig. Und gerade Multikulti verlangt eine gewisse geistige Mindesthöhe aller Beteiligten, verlangt ein Mindestmaß Kultiviertheit, ausreichende Kulturstufe. Mal ganz abgesehen von einem Willen zu - und Lust auf - Multikulti. Was von alledem in der Realität unserer Gesellschaft anzutreffen ist, ist möglicherweise aber nicht ausreichend? Es macht nicht jeder freiwillig und voller Begeisterung mit und das kulturelle Niveau ist in allen beteiligten Lagern lausig. Wo ist unsere Geduld, Anstand, Bescheidenheit, Reinheit…? Wir sind kaum genügend zivilisiert, um uns anständig zu streiten und uns dabei nicht auf die Fresse zu hauen. – Wieso braucht es Polizisten, um Demonstranten und Gegen-Demonstranten auseinander zu halten? Wieso kann der "Kampf" nicht zivilisiert an der Wahlurne ausgetragen werden? Wieso versucht man sich gegenseitig niederzubrüllen? Wieso ist Fairness im politischen Wettbewerb kein Ideal?
  8. Auch das Niveau unserer Liebe ist recht lausig. – Vor allem die linke Seite lässt nur eine äußerst simplifizierte Sprache der Liebe zu. Sie kennt nur die einfache Kuschelliebe. Liebe als Willkommen-Heißen, Liebe als Nicht-Ausgrenzen, Liebe als "Komm kuscheln!". Und alles, was nicht in diese Kuschelliebe mit einstimmt, erklärt sie zu "Hass". Die ganze, große, faszinierende Welt komplizierterer Formen von Liebe lässt sie links (rechts) liegen. Man hat Angst vor diesen Verkomplizierungen der Liebe, weil sich der Hass hierhinter ja auch tarnen könnte. Der Rechte geht hier lieber ein existenzielles Risiko ein, denn er will die ganze Welt… und warum nicht auch ein paar Mischformen, große und kleine Liebe, großer und kleiner Hass, Hassliebe?… Manchmal aber verrennt er sich auch, weil er, angeödet von der linken Kuschelliebe, dieser zu viel Kontra geben möchte und seine reflexhafte Brutalität dann überdosiert. Dies geschieht auch, weil der Rechte auf tiefe Art vom Linken und seiner Scheinheiligkeit angewidert ist, von seinen Simplifizierungen und seinem Mitläuftertum, seiner Übergriffigkeit und seinen ekelhaften Versuchen der vor allem im Geiste erlebten Freiheitsberaubung. Und hier kann in der Tat auch eine Portion echter Hass aufkommen. Der Linke hat zu wenig Respekt vor der großen, gewaltigen Wirklichkeit, so scheint es dem Rechten.
  9. Das, was öffentlich an "Psychologie" und Menschenkenntnis excerziert wird, ist ebenfalls von niedrigem Niveau. Rechte Gestaltungswünsche werden fast durchweg pathologisiert, indem sie auf Ängste oder Phobien zurückgeführt werden. Die Rechtsphobie der Linken fällt aber noch nichtmal auf. Und die öffentliche Sprache verflacht sogar die tiefsten Dinge. In ihr gibt es zuhauf "Hass" ohne jedes Feuer, "Liebe" ohne jedes Feuer…
  10. Jesus selbst hat völkisch gedacht. – Falls das irgend jemand interessiert.
    Matthäus 15,21
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kanaan
  11. Es gibt eine nicht-böse Fremdenfeindlichkeit. – Der Ausdruck mag paradox klingen, doch emotional ist er sehr einfach zu verstehen. Es geht um eine "Feindlichkeit", die zwar abweisend und ausgrenzend ist, aber in keiner Weise "feindlich" im wörtlichen Sinne. Sie ist häufig auch ehrlich wohlwollend gegenüber den Fremden; man wünscht ihnen alles Gute der Welt. Der Zeitgeist und die Sprachgemeinschaft haben für diese nicht-böse Fremdenfeindlichkeit noch keine bessere sprachliche Bezeichnung gefunden, vor allem weil man es aus politischen, machttaktischen Gründen nicht will. Die einflussreichsten Sprachpfleger wie Journalisten und Nachrichtenredakteure haben kein Interesse an einer angemessenen Wortschöpfung. Man steckt ja noch in diesem Dualismus zwischen Kuschel-Liebe und Hass fest.
  12. Rassismus ist natürlich. (Dazu die Meta-Erkenntnis: Ich habe Angst vor dieser Wahrheit. Mein Denken will sie immernoch nicht richtig in sich hineinbauen, so wie ein Organismus unverdauliche Nahrung nicht aufnehmen will. – Das liegt wohl an der ungeheuren "Aufladung" des Wortes "Rassismus" im kollektiven Bewusstsein und daran, dass auch ich an reflexhaft antrainierten Ängsten leide.) Anders formuliert: Es gibt einen natürlichen "Ähnlichkeitstrieb" im Menschen, also die Tendenz zur Bevorzugung von Ähnlichen. Dies gilt sowohl mit Bezug auf das Äußere als auch im übertragenen Sinne. "Ähnlichkeit" kann auch heißen, gleiche Interessen oder Fähigkeiten zu haben. – Der Ähnlichkeitstrieb wirkt wie die Gravitationskraft und führt zu Grüppchenbildungen in der Gesellschaft. Je größer die Ähnlichkeit und je zahlreicher die Ebenen, auf denen Ähnlichkeit erlebt wird, desto größer die Wirkung. Dies kann die Entstehung von Parallelgesellschaften erheblich fördern. (Dies ist auch mein Erklärungsansatz für die teilweise schlechte Integration von Muslimen und Türken. Sie sind einfach unähnlicher, "fremder", als andere Einwanderergruppen. Natürlich können auch andere Faktoren eine Rolle spielen. Mentalität, mitgebrachte Kultur, Stolz, negative Erfahrungen in der Vergangenheit, Kränkung, fehlender Integrationswille auf beiden Seiten…)
  13. Es ist vor allem die Aufgabe der Linken, wesentlich mehr dafür zu tun, dass sich die Spaltung der Gesellschaft wieder zurückentwickelt. Vor allem sie hat die große Aufgabe und Verantwortung, über ihren Schatten zu springen und auf "Rechts" zuzugehen.



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