Dienstag, 9. Oktober 2018
Lasst sie (die Wahrheit) und die Falschheit miteinander ringen; wer hat je erkannt, dass die Wahrheit den Kürzeren gezogen hat in einem freien und offenen Kampf?

John Milton, 1664

gefunden bei Jochen Bittner (twitter)

 




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Optimismus
Ich verstehe diesen Optimismus nicht,.

Was ist ein freier, offener Kampf und was hat Wahrheit und/oder Falschheit damit zu tun?
Und Erkenntnis?
Und Ringkampf?

Falschheit kämpft nicht fair und Wahrheit ist subjektiv.

Und offener Kampf?
Was ist das und wem nützt das?

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Man könnte sagen, dass Du gerade um die Wahrheit kämpfst. Indem Du Dich nicht leichfertig auf ein grobes "Ja" oder grobes "Nein" einschießt, tust Du das, was der Wahrheit am dienlichsten ist. Du prüfst die These aufrichtig. Du versuchst zu verstehen. – Also ich gehe davon aus, dass dies der Wahrheit am dienlichsten ist. Ich denke, man kann im allgemeinen auf einen engen Zusammenhang zwischen Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit im Denkprozess einerseits und tatsächlicher Wahrheitsfindung andererseits wetten, auch wenn die ein oder andere Wissens- und Verständnislücke manchmal Jahre braucht, um zu verschwinden.

Man muss wohl genau ein solches gewissenhafte Streben im Menschen voraussetzen, um die Aussage Miltons zu einer wahren Aussage zu machen. Es braucht natürlich gewissenhafte, forschende Menschen, die verstehen wollen und die sich von jeglicher Art des (Selbst-)Betrugs und der Manipulation fernhalten wollen. Ansonsten kann der Kampf zwischen Wahrheit und Falschheit nicht gewonnen werden. Ich gehe davon aus, dass dies individuell wie gesellschaftlich gilt. Für eine Masse von Menschen gilt eben, dass der Anteil der "Gewissenhaften und Wahrheitstreuen" in ihr groß genug sein muss, damit die Aussage Miltons gilt.

Allerdings kann natürlich genau das in Frage gestellt werden. Und kulturell geistesgeschichtlich betrachtet sind wir ja immernoch so sehr im Ideal des "Glaubens" verfangen. Gleichzeitig hat der "Wahrheitsglaube" einen schweren Stand bei uns. Immer wieder gerät man an Hobbyphilosophen, die die Hauptaufgabe der Philosophie darin zu sehen scheinen, die "Existenz" von Wahrheit zu bezweifeln. Die geistigen Rahmenbedingungen sind also auch nicht gut, um die potentiell Gewissenhaften und Wahrheitstreuen auch zu "aktivieren". Aber vielleicht werden diese Rahmenbedingungen in gar nicht mehr so ferner Zukunft ja besser sein.

Eine Aussage wie die von Milton enthält für mich jedenfalls immer einen Funken Wahrheit, auch wenn die gegenwärtige Gesellschaft in ihrem Treiben nur teilweise (aber immerhin!) ihre Wahrheit bestätigt. Auf der individuellen Ebene ist für den gewissenhaften Forscher Wahrheit bzw. ihre Entdeckung ja immer auch ein bißchen wie Zucker oder eine Art körpereigene, natürliche Droge. Vielleicht darf man sogar von einem "heiligen Trieb" sprechen… Dieser ist zur Zeit allgemein etwas gehemmt, aber ich glaube, wie dürfen darauf hoffen, dass er zurückkommt.

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PS
Übrigens hast Du mir mit Deinem Kontra geholfen, mich selbst und meinen "Wahrheitsglauben" besser zu verstehen.

Konkret inhaltlich möchte ich Deinem Gedankengang zwar nicht in allen Einzelheiten folgen, weil Du meiner Meinung nach zu viele Details auf die Goldwaage legst. Aber schon allein der Widerspruch und die Herausforderung dieser These von Milton war ein guter "Schubser" für mich.

Interessant ist die Frage, was Erkenntnis denn mit Wahrheit zu tun habe (– wenn Du das so gemeint hast). Als wahrheitsgläubiger Mensch kann ich darauf nur sagen: "Ich hoffe doch sehr viel!" – Ich glaube an den "Aha-Moment", auch wenn sich manchmal im Nachhinein herausstellt, dass er absolut falsch war. Meistens ist er richtig.

"Wahrheit ist subjektiv" – Das klingt in unserer heutigen Zeit wie ein schweres Gegenargument. Ich hege den Verdacht, dass der Sprecher es immer auch als Abwertung und Infragestellung der Wahrheit und Erkenntnisfähigkeit an sich versteht. Hier liegt eines der vielen Hindernisse für den Wahrheitsglauben, die sich bis dato aufgebaut haben. Nicht nur die Glaubensreligionen haben einen seltsamen Glaubensglauben in die Welt gesetzt, es wirken auch einzelne Irrtümer aus den Wissenschaften in eine negative Richtung; vielleicht ursprünglich Wahrheiten, aber von unbedachten Konsumenten in einen falschen Zusammenhang gesetzt und dadurch verfälscht. So finde ich die Unterscheidung in "objektiv" und "subjektiv" grundsätzlich gar nicht so verkehrt. Aber man kann es eben mit allem übertreiben und auf "Objektivität" auch überfixiert sein. Außerdem wird Objektivität meistens auch noch mit Beweisbarkeit fälschlicherweise gleichgesetzt. Man hat in den Wissenschaften wohl nach der größtmöglichen (rationalen) Sicherheit gesucht – vielleicht ja auch als Gegenbewegung zu der geistigen Willkür in den Religionen. Es gibt aber keine absolute Sicherheit bezüglich des eigenen Wissens. Damit muss man sich einfach mal anfreunden. Mathematik und andere "Logiksysteme" ausgenommen kann auch objektive Wahrheit sich aller Beweisbarkeit entziehen und "trotzdem" wahr sein. Übrigens hege ich die Vermutung, dass unsere Farbwahrnehmungen von "rot", "blau", "grün", etc. sich sehr stark ähneln. Vielleicht sind sie sogar genau gleich? Man kann es unmöglich beweisen oder widerlegen, aber es könnte objektiv wahr sein.

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Von einem Kollegen hörte ich des öfteren: Die Wahrheit setzt sich von selbst durch! Das ist richtig, wenn man diesen Satz wie den von Milton inhalt­lich versteht. Selbst­verständ­lich kann eine Unwahr­heit über Genera­tionen Bestand haben. Sogar in der Mathe­matik kann es Jahre dauern, bis ein fehler­hafter Beweis wider­legt ist. Im Gegen­satz zu den disku­tierenden Wissen­schaften ist ein falscher Gedanken­gang aber vom Tisch, sobald der Fehler gefunden ist. Man kann ihn modfi­zieren, einen anderen finden oder sich einfach aussichts­reicheren Themen widmen.

Abseits der erbarmungslos an der Wahrheit orien­tierten wirk­lichen Wissen­schaft, insbe­sondere im Alltag muß sich die Wahrheit nicht unbedingt durch­setzen. Sie kann in Verges­senheit geraten, lange bevor die falsche Behaup­tung ihr folgt. Die kann als Irrtum, schöne Über­zeugung oder Lüge Jahrhun­derte über­dauern. Doch selbst wenn eine Wahrheit versunken ist, hat ihr Gegenteil auf lange Sicht keinen Bestand. Die Lüge bedarf dauernder Arbeit und Anstren­gung, die Wahrheit stützt sich selbst durch innere Konsistenz.

Es gibt keine Dualität zwischen wahr und falsch, keine zwei- oder gar mehr­wertige Logik. Folge­richtiges Denken geht immer einwertig von Wahrheit zu Wahrheit mittels gültiger Schlüsse oder objektiver Erkenntnis. Eine persön­liche Wahrheit gibt es nicht, allen­falls persön­liche Überzeu­gungen und Meinungen. Was nicht wahr ist, ist nicht unbedingt falsch, es kann auch unsinnig sein.

Leider wandeln wir nur kurze Zeit auf Erden und kommen mit Gefühls­duseleien und Lebens­lügen oftmals besser durchs Leben als mit der Wahrheit. Auch mögen hundert Jahre nicht ausreichen, eine eigene Fehlein­schätzung zu erkennen und von ihr abzu­schwören. Lebten wir tausend Jahre oder würden zehnmal so schnell denken, dann wären wir nicht nur im Straßen­verkehr vorsich­tiger, sondern auch mit dem Rauspo­saunen von Meinungen als Wahr­heiten.

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"Es gibt keine Dualität zwischen wahr und falsch, keine zwei- oder gar mehr­wertige Logik. Folge­richtiges Denken geht immer einwertig von Wahrheit zu Wahrheit mittels gültiger Schlüsse oder objektiver Erkenntnis."

Hört sich interessant an. Verstehe ich aber nicht. ;) Ich hätte ja eher gedacht, mehrwertige Logik statt zweiwertige, aber einwertige?

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Wie bei meiner Anfangs­aussage, die von Milton oder auch "es gibt keine mehr­wertige Logik" ist immer eine gutmütige Inter­pretation gefragt. Natür­lich gibt es mehrwer­tige Logiken als abstrakte Kalküle. Drei­wertig könnte man zum Beispiel richtig und falsch durch fluide ergänzen und das "tertium non datur" durch ein "quartum non datur" ersetzen oder ganz darauf verzichten. Mögliche einwertige Wahr­heiten lauten dann: A ist richtig, B ist falsch, C ist fluide, D ist nicht falsch, E ist falsch oder nicht richtig, "F ist falsch" ist fluide, "G ist richtig oder falsch" ist richtig, usw.

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Ich wollt nicht spitzfindig sein. Aber vielleicht habe ich nur überinterpretiert. Den Rest von Ihrem Kommentar habe ich auch problemlos nachvollziehen können. Wahrscheinlich habe ich mich an dem Clash zwischen strengen Logik-Kalkülen und wohlwollend interpretierbarer natürlichen Sprache gestoßen. Andererseits habe ich immer noch das Gefühl, dass ich den Zusammenhang zwischen mehrwertiger Logik und einwertigen Wahrheiten nicht verstehe. "Eindeutige" Wahrheitswerte scheinen Sie nicht zu meinen. Was mehrdeutige Wahrheitswerte wären, da müsste ich meine Phantasie anstrengen. Kommt mir Schrödingers Katze in den Sinn. Egal, ich muss nicht alles verstehen. Sie kennen Sich da anscheinend so gut aus, dass sie mit diesen Ausdrücken problemloser jonglieren können und ich habe nur ganz grundlegende Kenntnisse in zweiwertiger Aussagenlogik, die auch noch ziemlich verstaubt sind. Wie gesagt, auch wenn ichs (noch) nicht so ganz begreife - hört sich trotzdem interessant an.

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Die Wahrheit zieht in
einem freien und offenen Kampf fast immer den Kürzeren, weil sie meist komplizierter, widersprüchlicher und unschöner ist als die glatte Lüge. Die Menschen wollen schönes Geschwätz hören, die Fakten sind dabei zweitrangig bis völlig Wumpe. Die aktuelle Politik zeigt es überdeutlich ...

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Jain. Ich behaupte, im Menschen steckt auch ein Bedürfnis nach Wahrheit. Nicht alle wollen schönes Geschwätz hören. Und nicht immer ist die Wahrheit komplizierter als die Lüge. Häufig ist es auch anders herum. Die Lüge ist das Anstrengendere und das Künstliche und muss ständig genährt werden, um nicht in sich zusammen zu fallen. Allerdings ist der Mensch zugegeben sehr gut darin.

Und wenn der Mensch zur Lüge strebt, dann nicht, weil er die Lüge grundsätzlich mag, sondern weil er von irgend einer Angst beherrscht ist.

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Das mit der Wahrheit...
...ist so eine Sache, denn letztlich hat jeder Mensch seine ganz eigene, subjektiv wahrgenommene Wahrheit. Weshalb die wahren Fakten auch oft nur dieser Wahrheit angepasst und dementsprechend verdreht wird. ;)

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