Donnerstag, 6. Juni 2019

Ich schlage vor, wir wenden uns von den Begriffen "Rassismus" und "Anti-Rassismus" ab, wo sie sich nur noch auf ein stark abstrahiertes Rassekonzept gründen und sich daher nur sehr indirekt und partiell auf Rasse im originalen Sinne beziehen. Überall da, wo die körperliche Rasse (der Körper- bzw. Gestalttyp) weit nachrangig ist, verwende man stattdessen die Worte "Typismus" und "Anti-Typismus". – Vielleicht kriegen wir mit dieser Umwortung dann auch mal eine Umwertung hin, bestenfalls eine mit sehr viel mehr Nüchternheit, Gedankentiefe und Differenziertheit. Denn nicht jeder Typismus ist gleich schlimm, ja es gibt "sogar" legitime, in Wahrheit gegründete Typismen. So wage ich z.B. die Behauptung, dass Frauen typischerweise mehr Wert auf ihre äußere Erscheinung legen als Männer und auch deutlich mehr Aufwand betreiben, um sich aufzuhübschen. Und dass es noch eine Reihe weiterer, typischer Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. – Ich denke, dass man es mir gestatten darf, so weit "Typist" zu sein.

Meine Wertschätzung für das Individuum impliziert, dass ich ihm beides bieten möchte: Die Möglichkeit, sich an Typen-Bildern und Typen-Realitäten zu orientieren und sich darin wiederzuerkennen – und die Möglichkeit, diese Typen-Bilder in keiner Weise als Anpassungsdruck zu empfinden. Das Aus-der-Reihe-Tanzen, das Untypische, soll ihm jederzeit möglich sein, aber nicht auf Basis einer aggressiven Verneinung allen Typischens, die letztlich doch nur oberflächlich bleibt, sondern aufgrund eines inneren Mutes und einer tiefen Liebe zum Individuellen, sowohl für sich selbst als auch für seinen Nächsten. Auch gönne ich diesem Indiviuum (auch mir selbst) die Möglichkeit des Welt-Genusses durch die Brille von Typen-Bildern. Der Mensch reagiert natürlicherweise auch emotional auf Typen. Häufig hat er Lieblingstypen.

Das "Typische" in der Welt zu sehen, zu erkennen, zu suchen, ist viel mehr als nur eine Anwendung auf Menschen im Gruppenmodus. Das "Typische" kann auch für jedes Individuum einzeln erkannt werden. Und auch in leblosen Einzelphänomenen kann etwas "Typisches" erkannt werden. Im Wesentlichen ist das Suchen von etwas Typischen nichts anders als ein Erkenntnisversuch über den Betrachtungsgegenstand. Natürlich kann man sich dabei auch täuschen und das kann im Kontext von Menschengruppen auch zu falschen Vorurteilen führen. Das ist dann eben in dem Maße zu kritisieren, in dem hinter dem Typismus nicht wirklich ein Erkenntnistrieb am Werk ist, oder in dem es parallel zum Typismus nicht genug Motivation gibt, dem Individuum gerecht zu werden. Eine grundsätzliche Verneinung jeglichen Typismusses aber, nur um ein Individuum niemals mit einer falschen Kategorisierung, Erwartung oder Ausgrenzung zu belasten, halte ich für maßlos übertrieben. Das ist dann eher Neurose als Vernunft.

Wenn ein John Cleese und einige andere die Aussage machen, London sei keine britische Stadt mehr, dann halte ich das für sein gutes Recht. Wenn das seine Wahrnehmung ist, dann ist das eben seine Wahrnehmung. Er könnte auch sagen, dass Nutella nicht mehr so schmeckt wie früher. Auch das wäre lediglich Ausdruck einer subjektiven Erfahrungstatsache. Dass es hier immer gleich einen Aufschrei gibt und von "Rassismus" geredet wird, ist für mich eine der unangenehmsten und ärgerlichsten Seiten unseres Zeitgeists. Es ist so stumpf mechanisch und hypermoralistisch neurotisch. Vor allem ist es eine Unsitte, die ich als elementare Übergriffigkeit erlebe. Es ist ein Griff hinein in meine Psyche, denn es wird bereits die bloße Wahrnehmungsweise als "rassistisch" sanktioniert. Auf diese Art Politik zu machen, erscheint mir äußerst verschlagen, hinterhältig, machthungrig, manipulativ. Oder es ist vor allem angstgetrieben, wiedermal. Jedenfalls wird hier der gegnerische Wille bereits in der Entstehung behindert, indem man ihm einredet, seine gesamte Wahrnehmungsbasis sei ungültig, weil unmoralisch. Du darfst hier gar nicht weiterdenken, weiterwollen, auch nicht weiterfühlen. Für mich hat das was Faschistoides oder wenigstens fundamental Intolerantes, eben weil es so früh im Geist ansetzt. Aus diesen inneren, psychischen Zonen sollte man sich anständigerweise heraushalten.

Kommunikation ist naturgemäß schwierig, wenn man seinem Gegenüber immer gleich böse Absichten unterstellt. Philosophie ist schwierig, wenn an jedem Gedanken und jeder Wahrnehmung die Angst vor einem eventuellen Mißbrauch klebt. Mir ist schon bewusst, warum sich hier so viele Anti-Rassismus-Schreier zu Wort melden. Sie fürchten wohl, dass sich eine Unterscheidung etablieren könnte in "echte Briten" und "Briten 2. Klasse". Doch die Rassismus-Keule ist nicht die einzige Art und Weise, wie man mit dieser Angst umgehen kann. Und die bloße Wahrnehmung als "rassistisch" zu attackieren ist, wie bereits dargelegt, übergriffig. Prinzipiell gibt es ja auch die Möglichkeit zu sagen: "Na und? Dann ist London eben keine britische Stadt mehr." Dann kann man im Gegenzug wenigstens das Typen-Bild "Brite" bzw. "britische Kultur", "britische Stadt", lassen wie es ist und muss es nicht im Namen der vermeintlich höheren Moral zu etwas völlig Beliebigen machen. Dann könnte man ehrlich sagen: "So ist das eben mit Multikulti und Masseneinwanderung. Die Nationalitäts- und Kulturtypen, das Typische und die spezifische Eigenarten im Kollektiv verschwinden sehr weitgehend bzw. sie ändern sich sehr weitgehend bzw. sie werden durch andere Kulturtypen ersetzt."

Ich habe mich mal mit der Idee auseinandergesetzt, nach Australien auszuwandern, als sich mir eine Gelegenheit dazu bot. Mir wurde dabei relativ schnell klar, dass ich es in diesem Leben niemals dahin bringen würde, mein "Deutsch-Sein" abzustreifen. Bei aller Liebe zur englischen Kultur, zur Sprache und zum Land würde ich doch niemals ein "typischer Australier" werden. Na und? Ich bräuchte diesen Status nicht, um mich dort wohl zu fühlen. "Typischer Australier" ist keine Ehrenbezeichnung, genauso wenig wie "typischer Brite" oder "typischer Deutscher". Es sind Typ-Bezeichnungen und diese sind vollkommen legitim.

Für ebenfalls legitim halte ich das Bestreben eines Volks / einer Großgruppe, auf den Erhalt seines spezifischen Charakters / Typs zu achten.

Wie praktisch Nationalitätstypen im kulinarischen Bereich sind! Ob man japanisch, chinesisch, koreanisch, italienisch oder sonstwie essen geht. Man weiß immer ziemlich gut, was einen dort erwartet. – Bereits die Kategorisierung von Genuss ist ein Genuss. So geht’s zumindest mir.




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