Alexander Gauland hat zu seinem "Vogelschiss" angemessen Stellung bezogen.
Björn Höcke hat sich für seine "Denkmal der Schande"-Rede entschuldigt.
Greta Thunberg hat mögliche Fehlinterpretationen bezüglich ihrer Formulierung, Politiker "an die Wand zu stellen", glaubhaft ausgeräumt.
Na dann ist ja alles klar. Wir sind ja alle vernünftige Menschen mit einem aufrichtigen Interesse an der Aussageabsicht unserer Gesprächspartner. Wir können verzeihen und sind nicht starrsinnig auf eine vermeintlich böse Grundhaltung unserer Mitmenschen fixiert. Wir glauben an das Gute in uns und in unserem Nächsten. Niemals würden wir fahrlässig das Gute in unserem Nächsten übersehen.
Das ist im Grunde, das ganze "Experiment", das ich hier mache: Ich rede nicht nur mit Rechten. Ich glaube ihnen auch. Und zwar nach normalen Maßstäben, so wie ich auch jedem anderen glaube, oder auch mal nicht glaube. Das heißt für mich: Wenn ich Greta glaube, dann muss ich auch Björn und Alexander glauben.
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Ach ja? Ich sehe da keinerlei Sachzwang. Greta T. hat für mich einigermaßen glaubhaft dargelegt, wie die kritisierte Redewendung zu verstehen ist.
Dem B. Höcke hingegen unterstelle ich eine ganz bewusste und kalkulierte Strategie des Tabubruchs mit anschließendem Zurückrudern. Und im Fall Gauland ist meine Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen, ob ich dahinter eine ähnliche Strategie des Tabubruchs vermute oder ob der Mann sich einfach nur strunzdoof und unsensibel ausgedrückt hat.
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In der Kurzfassung: Anwendung der "Unschuldsvermutung" gegenüber allen; an das Gute glaubend. Dann eine große Skepsis gegenüber dem Mainstream-Moralismus; ich sehe vor allem Moralmißbrauch zur Durchsetzung eigener politischer Ziele; daher habe ich eher eine positive Grundeinstellung zu Tabubrüchen. In einer von Moralmißbrauch durchsetzten Demokratie sind Tabubrüche fast eine Notwendigkeit. (Wir müssten jetzt nur über die Feineinstellung reden.)
Und ja, vielleicht bin auch ich nicht völlig neutral, und will zu einem positiven Urteil kommen. Aber welche Interpretationsweise ist zuverlässiger?: Wenn man einem Menschen mit negativer Voreingenommenheit begegnet, oder mit positiver? Ersteres praktiziert der Mainstream in Bezug zur AfD schon fast mit totalitärem Eifer. Ich erlaube mir eine kleine Dosis von letzterem.
Und dann geht es auch darum, dem Mainstream Kontra zu geben. Er macht immer alles so flach und einfach und eindeutig, so schwarz-weiß und absolut. Hier die Guten, dort die Bösen. Und dann fängt er an mit seinem Finger auf die "unmoralischen Menschen" zu zeigen… mit einer Heftigkeit, dass mir übel wird, und wiederrum mit reichlich Moralmißbrauch, dabei vollkommen erlöst von jeder Selbstkritik.
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Ansonsten ist es bei mir grade umgekehrt: Ich glaube nicht unbedingt hochfliegende Motive für ein Handeln, wenn ich auch niedrige finde. Und das bezieht sich sowohl auf das rechte als auch auf das linke politische Spektrum.
In dem Punkt, dass die Moral oft als Totschlagargument herhalten muss, wo es an stichhaltigen (im Sinne von: realpolitischen) Argumenten fehlt, da bin ich völlig bei Ihnen. Mir will es beispielsweise nichtg so recht einleuchten, dass man vor lauter Moral das dreckige Geschäft der Schleuserbanden und Menschenschmuggler unterstützt. Oder dass Moral plötzlich schwerer wiegt als bindende internationale Abkommen und Einreisebestimmungen. Und nichts gegen Rettung aus Seenot, aber dann bitteschön die Leute auch da anlanden, wo sie hergekommen sind. Ein Freiticket nach Europa halte ich nicht für zwingend.
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