Empörend finde ich als "Individualist" auch das Wort von Steinmeier, dass man dieses Land nur mit einem gebrochenen Herzen lieben könne. Es ist eine ganz besondere Unverschämtheit, das Gleich-Machen aller in der Zone der Liebe und innersten Wertschätzung zu probieren. Nur ein profunder Mangel an Anstand, ein Mangel an Umsicht und Rücksicht, ein Mangel an Interesse für die Bedürfnisse seiner Nächsten, produziert so einen Mist. Nebenbei halte ich diesen Mist auch noch für gesundheitsgefährdend.
Man normiert die Liebe nicht. Man setzt ihr keine künstlichen Grenzen. Die Liebe weiß selbst, was sie kann und was sie nicht kann und wann sie für ein "gebrochenes Herz" sorgen will.
Ich bezweifle, dass Steinmeiers Worte wenigstens für eine Mehrheit aller Deutschen repräsentativ sind. Er konstruiert hier vielleicht eine Perspektive, die für eine große gesellschaftliche Gruppe stimmen mag. Aber auch das bezweifle ich stark. Schon allein die Liebe zum eigenen Land hat man den meisten Deutschen gründlich ausgetrieben. Insofern muss auch die Schnittmenge mit denen, die gleichzeitig ein "gebrochenes Herz" dabei haben, ziemlich klein sein. –
Doch die faktische Wahrheit interessiert den Bundespräsidenten hier wohl so oder so nicht. Er möchte erziehen. Und sein merkwürdiges Erziehungsideal ist die Liebe zu Deutschland mit einem "gebrochenen Herzen". – Auf mich wirkt das wie ein billiger Kuhhandel: Deutschland zu lieben wird gnadenhafterweise toleriert; aber eben nur auf schizzophrene Art und Weise; wenn man den Preis der Niedergeschlagenheit und inneren Zerrissenheit dafür zahlt.
ODER: Steinmeier ist wirklich so stumpf und so blöd und so beschränkt, zu glauben, dass seine eigene Perspektive die einzig sinnvolle ist, die es gibt. – Wenn er diese Perspektive überhaupt selbst hat! Bei Politikern weiß man ja nie. Bereits die Vorstellung, dass Steinmeier Deutschland liebt, erscheint mir höchst zweifelhaft.
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Wenn man ihn dafür kritisieren will, dann dafür, dass er als Staatspräsident an einem offiziellen Gedenktag eine derart private Formulierung wählt. Das ist nach meinem Empfinden schon hart an der Grenze des guten Geschmacks, eigentlich darüber hinaus. Zumal am Tag der Befreiung ja wohl genug sachliche Fakten zur Verfügung ständen, um sich gegen Nationalismus zu positionieren. (Die er ja dann auch noch genannt hat.)
Aber rein inhaltlich: Was und wie ein Herr Steinmeier lieben zu können meint, das ist seine Sache. (Und dass er mit dieser Empfindung in seiner Generation nicht allein ist, damit hat er vermutlich Recht.) Wenn Sie anders lieben als er, ist es allerdings das Normalste von der Welt, kein Grund zur Aufregung.
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Immerhin finden Sie das ja selbst nicht ganz in Ordnung, zumindest ist es für Sie an der "Grenze des guten Geschmacks".
Für mich wiegt es noch ein bißchen schwerer. Vielleicht bin ich kleinlich, aber seine Formulierung klingt für mich einfach danach, als wolle er emotionale Standards setzen, die für alle gelten. Da spucke ich Gift und Galle.
Wenn Sie nun meinen, ich würde ihn möglicherweise falsch verstehen und seine Wortwahl ("Man kann nur...") zu direkt interpretieren; tja, das könnte sein.
Nur lebe ich in einer Welt, in der ständig irgendwelche bekloppten Intoleranten emotionale Standards für andere setzen wollen. Daher bin ich da leicht reizbar.
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