Mittwoch, 13. Juni 2018

Man muss den Prozess mal in seiner ganzen psychologisch elementaren Wirklichkeit sehen: Wir stehen alle vor dem gleichen Wort, den gleichen Worten, – und schlagen von dort unterschiedliche Wege des Assoziierens und Meinens ein.

D.h. also die gleichen Worte bedeuten für uns jeden etwas anderes. Natürlich immer auch graduell. Das ist kein Feld absoluter Beliebigkeiten. Aber vom Grundsatz und mindestens in der Feinjustierung der Assoziationen gilt dies immer.

Und so gibt es also Leute, die vor den Worten "Hitler war nur ein Vogelschiss" stehen und daraus machen: "Der millionenfache Massenmord war nur ein Vogelschiss" – und es gibt Leute, die diesen Assoziationspfad nicht einschlagen. Erstere regen sich natürlich heftig auf. Letztere in der Regel nicht, außer sie finden auf ihrem individuellen Pfad Gründe dafür.

Und ganz offensichtlich – das muss auch in aller elementaren Klarheit gesehen werden – gibt es hier sehr häufig Nebenmotiviationen. Und nicht selten sind es diese Nebenmotivationen, die den Ausschlag dafür geben, ob man zu der einen Sorte von "Verständigen" gehört, oder zu der anderen.

Nebenmotivationen sind es, die einen dazu treiben, sich allen Ernstes auf den Standpunkt zu stellen: "Meine Interpretation der Worte ist die einzig richtige!"

"Was hat mein Gegenüber wirklich sagen wollen?" – Soweit ich das betrachte, ist es sehr selten, dass eine Kommunikation über Politisches oder Moralisches von einer solch reinen Motivation angetrieben ist. Ein Machtinstinkt in uns – und Macht gehört mit zu den stärksten Motiven in uns, vor allem im moralischen Bereich – gibt uns schon ziemlich früh Signale darüber, welche Assoziationen für uns in diesem Fall von Vorteil sein werden – z.B. nämlich um seinen politischen Gegner angreifen zu können. Indem ich die Worte meines Gegners bewusst auf eine ganz bestimmte Weise interpretiere, kann ich es z.B. "nachweisen" (haha), dass er eine schlechte moralische Gesinnung hat, und dass ich daher der Überlegene bin und mit allen meinen politischen Anliegen Vorrang genießen sollte.

Was Kommunikation sein sollte, ist also stattdessen häufig nur ein Machtkampf. Und der Machtkampf mit der Sprache verläuft stets so, dass wir zu allererst damit beginnen, die Sprache starr zu machen – eben immer da, wo es zu unseren Gunsten ist.

Aber das ist irgendwie auch ein recht kindisches Spiel. Denn wir spielen dieses Spiel nicht nur so weit, wie es (manchmal eben) nötig ist, sondern wir übertreiben damit grundsätzlich. Wir treiben es gerne so weit, dass wir uns selbst darin verlieren, und uns immer wieder allen Ernstes auf den Standpunkt stellen, dass man hier oder dort nun wirklich nicht mehr anders denken kann, als wir es tun. Dieses Wort ist so zu interpretieren, dieses Wort so, – und am Ende kommt unsere einzig richtige Interpretation des Gesagten mit einer Notwendigkeit heraus als würde man eine Mathematik-Aufgabe lösen, und das haben bitte alle anzuerkennen. Das nenne ich kindliches Verhalten.

Und dann kommt folgender Schlachtruf auf: "Die Maske ist gefallen!" Spätestens jetzt ist die Maske "für jeden sichtbar" gefallen! Spätestens jetzt gibt es keine Ausrede mehr. Spätestens jetzt musst Du der AfD den Rücken kehren. Weil sie da vor uns liegen, diese beiden Worte "Hitler" und "Vogelschiss", und weil es hier überhaupt keine andere Deutungsmöglichkeit gibt als die unsere.

Was man hier im Grunde nur tut: Selbst-Bestätigung. Man konstruiert sich gedanklich Bestätigungen seiner eigenen Sichtweise, indem man sich vormacht, von seinem Gegner absichtlich oder unabsichtlich bestätigt worden zu sein.

Aber wie oft hat man schon einen solchen Sieg über die AfD ausgerufen? – "Demaskiert!", "Jetzt ist aber wirklich die rote Linie überschritten!", "Jetzt ist sie wirklich untragbar!", "Für jeden sichtbar" – Ich sage, dies hilft auch diesmal nicht, um mit dem "Problem AfD" fertigzuwerden. Denn letztlich sind alle Signale, die wir aussenden, in unserem Gegner nur so kraftvoll, wie er sie auch in sich hineinlässt.

Was anderes ist es natürlich, dass es heute immernoch Zeitzeugen und Überlebende der Shoa gibt, die aufgrund ihrer persönlichen Verquickung und traumatischen Erfahrung es nur schwer ertragen können, einen Satz wie "Hitler war nur ein Vogelschiss" zu hören. An diesem Punkt kann man Gauland natürlich einen Vorwurf machen, denn diese Menschen haben wirklich einen handfesten Grund für eine eventuelle Unfähigkeit, sich für die wahre Aussageabsicht zu interessieren, wenn sie mit bestimmten Bildern konfrontiert werden. Daher könnte ich das Urteil bejahen, dass Gauland sich unhöflich und unanständig verhalten hat – eben in Hinsicht auf diese besondere Gruppe. Aber es sollte für Außenstehende, also praktisch die gesamte Gesellschaft, nicht nötig sein, die Kontexte hier durcheinander zu schmeißen und Gauland die Aussageabsicht "Millionen getötete Menschen sind nur ein Vogelschiss" unterzuschieben. Das ist einfach nur affig, peinlich, triebgesteuert und unreflektiert.

Wie man sich auf Sprache stürzt und sich an jedem einzelnen Wort festhält:

https://twitter.com/dunjahayali/status/1003895192687120386





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Samstag, 9. Juni 2018

Nun gibt es ihn doch wieder, diesen Ruf nach einem Wir-Bewusstsein bzw. Wir-Gefühl. Natürlich nicht auf "nationaler" Ebene – das ist heutezutage ja praktisch undenkbar geworden – sondern, wie es sich gehört, mit Bezug auf Europa: Steinmeier in Polen: "Wir brauchen ein neues Wir-Gefühl"

Mir geht es derweil immernoch so: Ich kenne ein gewisses, wohlwollendes und nicht allzu "ernstes" Wir-Bewusstsein in Bezug auf Deutschland und "uns Deutsche". Und wenn ich darüber hinaus gehen will – wozu ich gerne bereit bin –, dann lande ich eigentlich gleich bei: Die ganze, große, liebe Welt, die ganze Menschheit. Europa als Zwischenschritt, als Zwischenstufe von Wir-Gefühl, gibt es für mich im Grunde gar nicht. Wahrscheinlich auch, weil ich es vorrangig immer nur als Eliten-Projekt wahrnehme, als etwas Künstliches und zwanghaft Gewolltes, als ein Projekt von anderen Leuten (von Politikern), die es mir ständig anempfehlen wollen und daraus sogar eine moralische Sache machen. Das Europa der Politiker (die EU) ist für mich kein natürlich gewachsenes Phänomen. Folglich gibt es auch kein echtes Wir-Gefühl.

Die einzige Art von politischer Prozess, die mich zu einem solchen europäischen Wir-Gefühl treiben könnte, wäre wahrscheinlich die konsequente Einführung von direkten Demokratien a la Schweiz in allen europäischen Staaten (was wohl leider nicht passieren wird). Wenn sich diese "echteren" Demokratien dann immer wieder leidenschaftlich "für Europa" entscheiden – und zwar ohne, dass sie ständig von einer einseitigen Presse und anderen meinungsbildenden Institutionen wie z.B. die Kirche ständig daraufhin dressiert werden – dann könnte mich das überzeugen und vielleicht sogar dahin bringen, dass ich mich von "Deutschland" identitär ganz verabschiede. Dann wäre das wirklich ein Prozess geistigen Zusammenwachsens.

Europa als Zwischenschritt zwischen Deutschland und "die ganze Welt" gibt es für mich also nicht. Dafür kenne ich aber sehr freudvolle Triebe und gute Absichten in mir bezüglich nationaler Freundschaften. Ich denke z.B. an "Deutschland & Polen", oder "Deutschland & Dänemark", "Deutschland & Tschechien", etc. etc. Hier bin ich sogar ein Schwarmgeist allererster Güte. Der Gedanke, dass hier Völker Freundschaften schließen, entzückt mich jedes Mal von neuem.




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Mittwoch, 6. Juni 2018

… kommt für mich vom Spiegel: Hier wird einem nämlich genauer erklärt, was ein Vogelschiss ist...

Man fühlt sich fast wie bei einem Kindermagazin, das vielleicht "Logo" heißt / heißen könnte. Der nette Spiegel erklärt uns, wie wir Sprache richtig verwenden, welche Assoziationen hier im Standardmodell der Vernunft zugelassen sind, und warum also die gedankliche Verbindung von "Hitler" und "Vogelschiss" falsch ist.

Danke Spiegel! Ohne Dich hätte ich das wahrscheinlich nicht auf die Reihe bekommen! Na klar, spätestens bei der Darlegung der Weg-Wisch-Metapher ist mir klargeworden, dass "Vogelschiss" kein gutes Attribut für das Phänomen Hitler ist! Mit Deiner Erklärung kann ich nun 2 +2 richtig ausrechnen! Und natürlich hast Du auch Recht in deiner Grundhaltung, dass Sprache gewissen Regeln zu folgen hat, und dass da nicht irgend welche Individuen daher kommen können, die für sich nach anderen Regeln spielen. Sprache ist Eigentum des politisch korrekten Mainstreams! Alles andere würde die Sache ja auch viel zu kompliziert machen. Wir wollen Sprache ja auch sekundär– oder primär? – dazu verwenden, um unser Meinungs-Revier abzustecken, um unsere Gesinnungs-Zugehörigkeit und unseren Gehorsam unter die herrschende Moral der Zeit nach außen hin erkennbar zu machen (– um uns scheinbar zu "zeigen" – innerhalb eines stark degenerierten, moralischen Affentheaters, in dem das Bekenntnis zu den "Guten" nie etwas kostet…). Und dafür brauchen wir schon ein paar einfache, eindeutige Zuordnungen von Erkennungsmerkmalen. Und da es ja um mindestens die zwei Mannschaften "gut" vs. "böse" geht, und da ja so wahnsinnig viel davon abhängt, diese beiden Lager zu jederzeit erkennen zu können – dafür brauchen wir eben Standardregeln, die für alle gelten. Die Assoziation "Hitler" und "Vogelschiss" ist falsch. Punkt. Was anderes behaupten nur böse Menschen oder Geisteskranke mit fehlerhaftem Assoziationsmodul in ihrem Kopf. – Denn der Mainstream ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Und die richtige Meinung. Amen.

Man versuche mit mir zu fühlen: Diese öffentlichen Versuche der Sprach- und Meinungsnormierung schlagen mir auf den Magen. Ich fühle mich hier neben dem Kinderkanal im Fernsehen noch an Militär-Drills erinnert, an eine sehr häßliche Seite von real existierender Militär-Un-Kultur: Wenn sich die Vorgesetzten erlauben, ihren Untertanen nicht nur äußere Handlungen aufzuerlegen, sondern ihnen auch noch die Hörigkeit und Unterordnung im Geiste abverlangen, wenigstens dem Anschein nach: Sie sollen z.B. gewisse Dinge ausrufen, die eigentlich ein Ausdruck von Emotionen und persönlicher Überzeugtheit sind. Z.B. sollen sie "Schade!" ausrufen, wenn sie Freitag Nachmittag in das Wochenende entlassen werden. Dadurch wird die Unterwürfigkeit des Soldaten noch eine Stufe tiefer getrieben. Im militärischen Hörigkeits-Absolutismus ist die eigene Meinung des Soldaten eben so total egal, dass sich dazu auch leicht eine Portion Respektlosigkeit vor der Soldaten-Meinung gesellt, und damit auch vor dem Individuum an sich. Man will auch noch das Lächeln befehlen, wenn der Soldat seinen Befehl erhält, und betritt hiermit eigentlich eine Zone von Erniedrigung und "psychischen Hausfriedensbruch", die sich Menschen untereinander grundsätzlich nicht antun sollten, auch im Militär nicht. – – – Man vermutet vielleicht noch, dass die Befehlshörigkeit dadurch noch etwas besser abgesichert wird: Je weniger Individualität, je weniger individuellen Kern, desto besser! Das ist aber das ur-faschistische Element überhaupt! Der Zwang bereits im Denken. Das Brechen aller Individualität. Das Eindringen in die inneren Zonen des Menschen. Die Gleichschaltung – neben dem äußeren Verhalten – auch im Geiste. Die Gleichschaltung vor allem im Geiste. – Übrigens glaube ich, dass das Militär dieses Element überhaupt nicht nötig hätte. Man könnte auf diese Übertreibung in der Befehls-Kultur locker verzichten und den einzelnen Soldaten in seiner Individualität durchaus mehr würdigen. Dieser zollt es seinem Land dann vielleicht mit tieferer Dankbarkeit, Idealismus und Treue. (Gedanken von jemandem, der nie beim Militär gewesen ist.)

Wer sich an Sprache vergreift, und die ihm zur Verfügung stehende Macht dazu verwenden will, Sprach- und Meinungsnormen allgemeinverbindlich zu etablieren – unter Androhung von Sanktionen wie z.B. der der sozialen Ausgrenzung und / oder eines Karriereknicks –, der betreibt vom Prinzip her nichts anderes wie der gerade beschriebene, faschistoide Typus von Vorgesetzten im Militärapparat. Auch wenn es um eine sehr viel schwächere Form des Zwangs und einen sehr viel schwächeren Versuch von "psychischen Hausfriedensbruch" geht. Der prinzipielle Versuch des Eindringens in andere Köpfe liegt vor. Du sollst Sprache "richtig" verwenden und Du sollst "richtig" denken…

Aber gut, bis zu einem gewissen Grad, stecken wir alle in diesem "schmutzigen Geschäft" mit drin. Denn auch wir versuchen ja "unseren Senf dazu zu geben" – so wie ich gerade –, und natürlich tun wir das auch mit der Absicht, dass sich etwas in den Köpfen der anderen verändert, hin zu einer Denkrichtung, die wir eben für richtig halten. Aber es gibt hier qualitative Unterschiede, je nach Einsatz der Mittel, ob man sich an kollektiver Hetze beteiligt oder nicht, ob man an einer gesamtgesellschaftlichen Ausgrenzung für Andersdenkende, Anders-Assoziierende und Anders-Sprechende mitwirkt oder nicht.

Die starken Tendenzen zur Sprachnormierung gehen jedenfalls mit einer Tendenz zur Überrationalität einher. Und dies geht wiederrum mit einer Tendenz zur Erstarrung der Sprachintelligenz einher. Sprache wird – entgegen ihrer Natur – zu etwas Statischem. Sie wird immer weniger etwas Flüssiges, das man je nach Kontext zu interpretieren hat. So blockiert der Mensch in sich Kommunikationsfähigkeiten, die eigentlich völlig natürlich und selbstverständlich sind, wie z.B. der spielerische Umgang mit Widersprüchen und Ironien. Und er weiß eigentlich auch, dass gewisse Aussagen nur in Hinsicht von bestimmten Teilaspekten anzuwenden sind. Für mich war es jedenfalls klar, dass Gauland mit seiner Vogelschiss-Aussage nicht meinte, dass es ein "Vogelschiss" sei, wenn 5 Millionen Juden ermordert werden. Das meinte er einfach nicht. Aber die Sprachlogik-Brutalisten des Mainstreams können wohl nicht mehr anders, als ihm diese Teilaussage unterzuschieben. "Weil es ja logisch ist, so wie 2+2 = 4." – Leidet man vielleicht an Autismus? Oder es ist nur das: Man lässt an seinem politischen Erzfeind grundsätzlich kein gutes Haar und glaubt schon aus taktischen Erwägungen nicht an das Gute in ihm.

Das Kampf um das Gute nach eigener Vorstellung ist ein großes, schmutziges Hauen und Klauen, in dem jede Unfairness erlaubt ist. – Kann das dem "Guten" wirklich dienen? (Kann es teilweise, temporär, dem "Guten" dienen oder ist es sogar ein völliger Holzweg?)





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Freitag, 27. April 2018

"Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber… "

"Ich habe ja nichts gegen Flüchtlinge, aber… "

"Ich habe ja nichts gegen Menschen, aber… "

 

Wir befinden uns in einer Situation, in der schon gewisse Formulierungsschemata an den Pranger gestellt werden. Wer ein Satz mit "aber" gebraucht, wie oben, der ist ein Menschenfeind! – diese Sitte scheint sich gerade herauszubilden, bzw. sie hat sich schon herausgebildet.

Ich finde das höchst problematisch, vor allem in Anbetracht der grundsätzlichen Funktion des Wortes "aber" – dient dieses Wort doch prinzipiell als Differenzierungsinstrument. Darf man folgern, dass der Mainstream eben kein Interesse an differenzierten Aussagen hat? Dass ihm Differenzierung überhaupt nicht so viel liegt, wenn es um Gut und Böse geht? – Bei der Moral hört der Spaß und die Toleranz für Andersdenkende auf. Und das ist ja auch irgendwie logisch, liegt in der Natur der Sache. Die Guten wollen die Bösen unterdrücken. Sie betrachten gerade das als ihre "gute Tat".

Aber: Den Menschen selbst, die dieses Wort "aber" in obiger Weise gebrauchen, tut man häufig Unrecht. Selbst, wenn man sich inhaltlich auf den Standpunkt stellt, dass sie da etwas Unausgegorenes von sich geben. In den meisten Fällen, wenn ein solcher Satz mit "aber" fällt, sehe ich einen guten Willen dahinter, ein aufrichtiges Bemühen, sich differenziert auszudrücken. Ich sehe keine Lüge im Anfangssatz "Ich habe ja nichts gegen XY…", sondern Ehrlichkeit. Und ich sehe Ehrlichkeit in dem, was danach kommt. Zuerst die positive Aussage, dann eine graduelle Einschränkung, die möglicherweise auch ein Ausdruck der eigenen Begrenztheit ist und ein Anmelden eigener Ansprüche und Bedürfnisse. Man ist nunmal nicht uneingeschränkt opferbereit.

Wer sich hier empören will, der kann sich immer auch über sich selbst empören.

 

Ich habe ja nichts gegen Menschen…

aber

so sehr ans Herz gewachsen, dass ich auf meinen nächsten Urlaub verzichte, oder auf meine Absicherung im Alter, oder mein neues Auto, meinen neuen Computer, mein eigenes Haus, meinen ausschweifenden Lebensstil, etc., etc., sind sie mir eben doch nicht. Gewiss könnte ich all mein Erspartes spenden – aber ich tue es nicht, weil meine Liebe begrenzt ist.

Für wen gilt dieser Satz nicht?

 

Ich finde, man sollte schleunigstens mit dieser neuesten Unsitte aufhören, diese Sätze mit "aber" grundsätzlich zu verteufeln. Das ist ja schon allein deswegen bescheuert, weil es die Schablonenhaftigkeit unseres Denkens und Urteilens verstärkt. Unser Denken ist schon schablonenhaft genug.

Aber die "Guten" von heute scheinen genau das zu wollen. Überall sollen klare Orientierungsmarken gesetzt werden, damit auch jedermann zu jederzeit weiß, wo gut und wo böse liegt. Es wäre ja auch viel zu anstrengend, jedes Mal genau zuzuhören und selbst nachzudenken, geschweige denn zu differenzieren. Wer das Böse bekämpfen will und seine Waffen auf die bösen Menschen abfeuern will, der braucht zuerst einmal eine klare Zuordnung von Gut und Böse.

 




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Freitag, 16. März 2018

Es quietscht und knirscht im Gebälk, wenn man den Satz "Rassismus ist natürlich" hört, davon gehe ich aus. Der Satz tut weh, er tut mir weh. Und doch muss ich ihn schreiben, denn das ist hier gewissermaßen das Konzept: Grenzübertretungen ohne Rücksicht auf Verluste. Der Konformismus des Mainstreams, offensichtlich angetrieben vor allem von Feigheit, macht mich aggressiv bis selbstzerstörerisch. Realität darf nur noch lieb und nett sein. Dieses Weichspülprogramm ist unerträglich. Die massive Bevorzugung von angenehmen Wahrheiten zu ungunsten der unangenehmen ist eines erwachsenen Lebens nicht würdig.

Aber da ich meine Hausaufgaben ja jetzt gemacht habe, kann ich auch mal lieb sein und nocheinmal eine bequeme Wahrheit servieren:

Nicht-Rassimus ist selbstverständlich auch natürlich, vollkommen natürlich – und in ganz vielen Aufeinandertreffen zwischen zwei Homo Sapiens eine Selbstverständlichkeit. Es ist in diesem Sinne nichts, das man fördern oder anerziehen muss.

(Anti-Rassismus dagegen ist oft etwas Unnatürliches.)

Wo liegt also das Problem?

Offensichtlich läuft irgendwas im Kopf schief.







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Mittwoch, 14. März 2018

Fortsetzung / Nachtrag zu "Rassismus ist natürlich (1)"

1.

Als ich das erste Mal die These "Rassismus ist natürlich" formulierte, hatte ich das Gefühl, ich betrete einen dunklen Wald voller gefährlicher Tiere. Einen verbotenen Ort, den aufzusuchen, nicht nur gefährlich für einen selbst ist, sondern auch ein böser Akt an sich. Oder: Ich fühlte mich, als hätte ich mich geistig ins Weltall geschossen. In eine unerschlossene Welt, in der es keinen Halt gibt. – Es brauchte lange, bis ich diese These einfach nur nüchtern als Faktum behandeln konnte.

Die These verließ das erste Mal meinen Mund, als ich mich auf Englisch mit einem russischen Freund unterhielt und er mir von seinen Erfahrungen in den USA berichtete. Er erzählte von seiner Erfahrung in einem Betrieb, in dem es zwei Pausenräume gab. Aus irgend einem Grunde (–) spaltete sich die Belegschaft hier deutlich nach Rassen auf. Die Weißen nutzten alle den einen Raum, die Schwarzen den anderen. Ihm selbst fiel das erst gar nicht auf. Er setzte sich geitesabwesend in einen Raum und bemerkte dann irgendwann, dass er "weird looks" (seltsame Blicke) abbekam. Dann fiel es ihm auf: Er war der einzige Weiße im "Raum der Schwarzen"! Sie waren zwar alle nett zu ihm und es gab keinerlei aggressive Ausgrenzung, aber offensichtlich erzeugte er eine Art von Irritation, die man nicht gänzlich verheimlichen konnte.

Mein russischer Freund wunderte sich auch allgemein über die Kultur in Amerika. Er wunderte sich über die Tatsache, dass die Ethnien dort zum großen Teil separiert sind, während sie gleichzeitig in einer Art positivem Nationalismus geeint sind. Ob Schwarze, Weiße oder Hispanics, viele von ihnen würden mit Stolz von ihrer Nation reden.

Als er mir das alles erzählte, sagte ich: "Maybe, racism is natural."

Mein russischer Freund entgegnete: "Strange things are coming from you, today!" (Offensichtlich hatte ich schonmal etwas Unerwartetes an diesem Tag von mir gegeben.)


2.

Die Aussage "Rassismus ist natürlich" muss nicht unbedingt als eine positiv wertende oder den Rassismus entschuldigende Aussage begriffen werden. "Natürlich" ist für den Menschen unter gewissen Umständen ja auch die rauschhafte Mordlust, aber das heißt nicht, dass wir sie gut finden müssen. Weiterhin ist auch eine gewisse Faulheit, Trägheit und Ignoranz unter den Menschen "natürlich", aber uns ist genauso "natürlich" klar, dass wir diese fragwürdigen Eigenschaften im Zaum halten müssen. Ähnlich verhält es sich z.B. mit Ängstlichkeit und Feigheit: Es sind dies in gewissem Sinne ganz "natürliche" Eigenschaften des Menschen. Aber der Mensch ist dazu geboren, auch im geistigen Sinne zu wachsen und diese "Schwächen" hinter sich zu lassen. – Vielleicht sollte man "Rassismus" ganz ähnlich betrachten?… Vielleicht nicht?…

Ein unverkrampfter Umgang mit dem Thema scheint aber nicht möglich. Man geht lieber den Weg, Rassismus zu verteufeln, zu verbieten und zu unterdrücken. Hier kommt offensichtlich wieder die "natürliche" Angst des Menschen ins Spiel: Denn was könnte nur alles passieren, wenn wir den "Rassismus" nicht mehr wie bisher bekämpfen, wenn wir ihn nicht nur als schlechte Sitte betrachten, sondern als zumindest partielles Naturphänomen?

Oder sind wir heute schon so weit, sagen zu können?: Nun gut, im Sinne eines Strebens nach oberflächlicher Ähnlichkeit, im Sinne eines Strebens nach ähnlichen Menschen, ist "Rassismus" nunmal natürlich. Der Mensch, der täglich in den Spiegel guckt, und sich über Falten, Pickel, graue Haare und andere Schönheitsmakel aufregt, – aber dabei fast nie an den ganzen Menschen zu diesem Gesicht denkt, an sein Innenleben und seine Seele –, der ist nunmal so primitiv. Was soll's. In das menschliche Auge fällt vor allem die Oberfläche der Dinge. Und Oberfläche ist für uns in so vielen Situationen die ganze Realität!

Für Details bemühe man die Wahrnehmungspychologie. Was unseren Wahrnehmungsapparat dazu verleitet, Unterklassifikationen einer gleichen Art aufzumachen, und diesen dann einen eigenen Namen zu geben, erfrage man von dieser Disziplin. Dass wir Menschen mit schwarzen Haaren nicht notwendigerweise in eine eigene Rasse packen, aber von einer Vielzahl von anderen Äußerlichkeiten, die noch hinzukommen (Hautfarbe, Form der Nase, Haare, Kiefer, Stirn, Augen), dann dazu verleitet werden, hier einen eigenen Typus zu sehen, – das scheint mir zum Teil sehr subtilen Wahrnehmungsgesetzen zu gehorchen. Dass unsere Wahrnehmungsgewohnheiten teilweise auch konditioniert / sozial geprägt sind, widerspricht dem nicht. (Wie und warum sind diese Wahrnehmungsgewohnheiten entstanden?)

Biologisch genetische Fakten, die angeblich nahe legen, dass es "in Wirklichkeit" ja gar keine Rassen gäbe, sind jedenfalls irrelevant. Diese Sichtweise unterschlägt, dass es für den Menschen in seiner subjektiven Wahrnehmungweise nunmal Gene gibt, die bedeutsamer sind als andere: nämlich alle diejenigen, welche über das äußere Erscheinungsbild entscheiden. Offensichtlich vererben sich diese Faktoren innerhalb einer Rasse ja mit lückenloser Kontinuität. Die Rasse ist und bleibt eine wahrnehmungspsychologische Tatsache, welche für den Menschen eine gewisse Bedeutsamkeit hat bzw. haben kann.

Die Existenz von Rassen aufgrund von genetischen "Fakten" zu leugnen, ist Ausdruck einer neumodischen, menschlichen Eigenschaft, die ich übrigens nicht für natürlich halte: Ich nenne sie "Überrationalität" oder auch "Verkopftheit". Grob gesprochen, tun sich die Menschen von heute schwer damit, eine gesunde Mitte zwischen subjektiven Denken und objektiven Denken zu finden. Der Wille, sich an objektiv wissenschaftlichen Fakten zu orientieren, kann auch über das Ziel hinausschießen. Wie am Beispiel des Rassenthemas gut zu erkennen, führt das dazu, dass man die elementaren Bedürfnisse des Menschen und seine eigentümliche Wahrnehmungsweise vergisst. Man vergisst, was für den Menschen in seiner Wahrnehmungswelt praktisch von Bedeutung ist. – Und es ist ja nicht gerade glaubwürdig, die Existenz von Rassen nur für den Menschen zu leugnen, während man in der gesamten Tierwelt an dieser Einteilung festhält… Offensichtlich ist der Mensch ist in seiner Selbstwahrnehmung befangen. Ein "typisch menschlicher" Angstkrampf fordert hier ganz selektiv eine strenge Verschiebung der Wahrnehmungsmaßstäbe ein, sobald es um die eigene Spezies geht.

Die Betrachtung der Natur in ihrer Gesamtheit ergibt aber auch, dass es nicht nur eine "verfehlte" menschliche Eigenschaft ist, stark auf Äußerlichkeiten zu setzen. "Die Natur selbst" hat ein stark ausgeprägtes "Oberflächenbewusstsein". Sie spielt dieses Spiel in 1000-fachen Formen: Die Prahlerei von Tieren mit ihrem Äußeren bei der Partnerwahl, das Tarnen von Tieren durch Farbanpassung, die Irreführung von anderen Tieren durch Verstellung, das Sich-Tot-Stellen, um sich uninteressant zu machen, der Symmetrie-Sinn in der Konstruktion der Lebewesen, welche gleichzeitig, was die innere Lage der Organe angeht, asymmetrisch sind: Man sieht, wie es in der Natur und in vielen Lebewesen offensichtlich auch ein Bewusstsein für die Außenwirkung der eigenen Erscheinung gibt, ein Bewusstsein für die eigene "Gestalt". Offensichtlich hat dieses Bewusstsein in der Natur auch bei der Evolution der vielen Arten und Unteraten mitgewirkt. – Es geht nicht immer nur um das Überleben, den Kampf und die zufällige Mutation. Die Darwin'sche Sichtweise ist beschränkt. Es ist in der Natur immer auch ein Spieltrieb am Werk gewesen. Eine Lust an unterschiedlichen Farben und Formen. Die Natur ist ein großer Künstler (oder das Werk von tausenden Künstlern) – welcher Rassen geschaffen hat. Seien wir nicht so verbohrt, und weisen ausgerechnet diesen Aspekt zurück. Abgesehen davon, dass diese Zurückweisung auf einem inneren Konflikt basiert, der nicht natürlich und nicht gesund ist: Man bringt sich damit auch um einen Teil des Genusses in diesem großen Kino.





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Dienstag, 6. März 2018

Nietzsche, Friedrich, Morgenröte, Erstes Buch, 76. Böse denken heißt böse machen

Böse denken heißt böse machen. – Die Leidenschaften werden böse und tückisch, wenn sie böse und tückisch betrachtet werden. So ist es dem Christentum gelungen, aus Eros und Aphrodite – großen idealfähigen Mächten – höllische Kobolde und Truggeister zu schaffen, durch die Martern, welche es in dem Gewissen der Gläubigen bei allen geschlechtlichen Erregungen entstehen ließ. Ist es nicht schrecklich, notwendige und regelmäßige Empfindungen zu einer Quelle des inneren Elends zu machen und dergestalt das innere Elend bei jedem Menschen notwendig und regelmäßig machen zu wollen! Noch dazu bleibt es ein geheimgehaltenes und dadurch tiefer wurzelndes Elend: denn nicht alle haben den Mut Shakespeares, ihre christliche Verdüsterung in diesem Punkte so zu bekennen, wie er es in seinen Sonetten getan hat. – Muß denn etwas, gegen das man zu kämpfen, das man in Schranken zu halten oder sich unter Umständen ganz aus dem Sinne zu schlagen hat, immer böse heißen! Ist es nicht gemeiner Seelen Art, sich einen Feind immer böse zu denken! Und darf man Eros einen Feind nennen! An sich ist den geschlechtlichen wie den mitleidenden und anbetenden Empfindungen gemeinsam, daß hier der eine Mensch durch sein Vergnügen einem anderen Menschen wohltut, – man trifft derartige wohlwollende Veranstaltungen nicht zu häufig in der Natur! Und gerade eine solche verlästern und sie durch das böse Gewissen verderben! Die Zeugung des Menschen mit dem bösen Gewissen verschwistern! – Zuletzt hat diese Verteufelung des Eros einen Komödien-Ausgang bekommen: der »Teufel« Eros ist allmählich den Menschen interessanter als alle Engel und Heiligen geworden, dank der Munkelei und Geheimtuerei der Kirche in allen erotischen Dingen: sie hat bewirkt, bis in unsere Zeiten hinein, daß die Liebesgeschichte das einzige wirkliche Interesse wurde, das allen Kreisen gemein ist, – in einer dem Altertum unbegreiflichen Übertreibung, der später einmal auch noch das Gelächter nachfolgen wird. Unsere ganze Dichterei und Denkerei, vom Größten bis zum Niedrigsten, ist durch die ausschweifende Wichtigkeit, mit der die Liebesgeschichte darin als Hauptgeschichte auftritt, gezeichnet und mehr als gezeichnet: vielleicht daß ihrethalben die Nachwelt urteilt, auf der ganzen Hinterlassenschaft der christlichen Kultur liege etwas Kleinliches und Verrücktes.




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Montag, 5. März 2018

Wissenschaftliche Befürworter einer Frauenqoute in der Berufswelt argumentieren: Ähnlichkeit ist eine Art Sympathiebonus bei der Einstellung von Bewerbern. Weil die Personalentscheider so oft Männer sind, führe das aufgrund der Bevorzugung von Ähnlichen eben dazu, dass Männer bei der Einstellung bevorzugt werden…

Man muss mit dem "Rassismus" also als eine natürliche Kraft rechnen, die die menschliche Gesellschaft durchzieht und in einem gewissen Maße wirkt. Daneben gibt es natürlich noch andere Kräfte, viele andere Motivationen, die diese Kraft überlagern und häufig überstimmen. Und es gibt ja auch die Gegenkraft, die Lust am Andersartigen. Unterm Strich bleibt aber bestehen, dass der Ähnlichkeits-Trieb zur Geltung kommt und sich in der Gesellschaft erkennbar ausdrückt. Und wenn "nur" in der Partnerwahl.

Warum wirkt ein Ähnlichkeits-Trieb in uns? Wohl als Folge von Selbst-Verliebtheit und Schwäche, die uns das Vertraute suchen lässt. Er ist also vielleicht kein "Ur-Trieb".



Und was macht man nun mit der Erkenntnis, dass "Rassismus" natürlich ist?

Man sollte noch eine andere Erkenntnis hinzu nehmen: Dass diese Triebe in dem Maße in den Hintergrund rücken, in dem sich das Individuum geistig in die Höhe entwickelt. Je höher das Individuum steht, desto unwichtiger wird ihm oberflächliche (an Körpertypen orientierte) Ähnlichkeit. Multikulti verlangt eine gewisse Mindestentwicklungshöhe.

Schlussfolgerung: Wer Multikulti will, der muss eine Erziehung in den Schulen gewährleisten, die die Schüler nicht nur mit Wissen und Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt ausstattet, sondern die auch die "innere Entwicklung" des Menschen fördert. Ich meine damit nicht Ethikunterricht und das Herunterbeten des moralischen Grundsatzes "Rassismus ist böse", sondern eine fundamentale Förderung der Seele und der geistigen Substanz des Menschen. Vielleicht durch Maßnahmen wie Meditationsangebote, Philosophie, Psychologie, Selbst-Erfahrung und Schauspielunterricht, oder einfach durch eine freundliche, den Menschen einladende Atmosphäre an der Schule.




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Sonntag, 4. März 2018

"Deutschland ist ein Einwanderungsland." – Dies ist kein normaler Satz. Dies ist ein Satz, mit dem man sich Zugang zur besseren Gesellschaft verschafft. Er ist eine Bekenntnisübung, Bekenntnisbezeugung, ein Signal der Zugehörigkeit, ein Signal der "Humanität", der höheren Moral, des guten Willens. So will es der Mainstream.

Es geht hier nicht um eine nüchterne Tatsachenbeschreibung. Gemeint ist immer: "Deutschland soll ein Einwanderungsland sein." Und dies sitzt so tief, dass man so tut, als sei es eine unverrückbare Tatsache, ein tiefer Aspekt der Realität, der überhaupt gar nicht zu ändern ist. Daher lässt man das "soll" weg. Als gehe es hier um etwas, das nicht mehr der freien, demokratischen Realitätsgestaltung und dem freien, menschlichen Willen unterliegt. Anscheinend hängt der Mensch bei diesem Thema dem Glauben an, dass es hier um etwas ganz Gewaltiges geht, um eine Entscheidung von so gewaltiger, moralischer Dimension, dass man sich dem Thema gar nicht mehr pragmatisch nähern darf.

Ein Pragmatiker würde an die Sache einfach so herangehen: "Lasst uns doch jedes Jahr von neuem darüber entscheiden, ob (und in welchem Maße und in welcher Weise) wir ein Einwanderungsland sind." Und ihm wäre auch ein Wechsel zwischen den beiden "Gegensätzen" (–) möglich: Das eine Jahr ein Einwanderungsland, das andere Jahr mal kein Einwanderungsland. Vielleicht auch mal ein ganzes Jahrzent von dem einen, dann ein ganzes Jahrzent von dem anderen.

Selbst hauptberufliche Befürworter der Multikulti-Idee geben offen zu, dass es mit der "weiteren Vervielfältigung von Vielfalt" (Özoguz) nicht eine so ganz einfache Sache ist. Und dass es, neben Erfolgen, häufig auch Defizite bei der "Integration" gibt, eben weil sie eine Herausforderung ist (für alle Seiten). – Wäre es daher nicht gut, sich mal eine Pause zu geben, wenigstens geben zu können, gerade wenn man merkt, die Integrationserfolge sind doch recht bescheiden? Haben wir die Türken-Zuwanderung schon gut genug verdaut? (Haben sie uns verdaut?) Sind unsere Neu-Bürger welcher Abstammung auch immer gut integriert und beobachten wir in der Breite eine gesunde Multikulti-Gesellschaft, frei von Diskriminierung und Parallelgesellschaften? – Es ist dabei vollkommen egal, wer an mangelnder Integration schuld ist, ob es "wir Deutschen" sind oder "die anderen". Der Mißstand ist als solcher Grund genug, um auf die Bremse zu treten. Denn der Mißstand ist nicht nur lästig. Er tut mitunter auch richtig weh, mit Opfern auf beiden Seiten. Und selbst eine beständige, untergründig schwelende Frustration ist schlimm genug. Auch ein "mildes" Leiden ist ein Leiden. Wer eine 100kg-Hantel nicht stemmen kann, sollte sich nicht 110kg zumuten. Wieso sollte es nicht möglich sein, nach diesem Prinzip zu handeln?


Vielsagend ist der folgende Ausschnitt aus "hart aber fair" aus dem Jahre 2014. Hier hat mir die AfD noch wesentlich besser gefallen. Bernd Lucke war noch mit an Bord. Die Flüchtlingskrise noch nicht passiert. Und es haben sich auch einige Migranten in dieser Partei engagiert. (Wie der Stand diesbezüglich heute ist, weiß ich nicht.) Die These, dass wir Zuwanderung brauchen, wird erst relativ sachlich und plausibel erhoben, doch dann kommt ein gehöriger Schuss Dogmatismus hinzu, bis hin zu der peinlichen Wortklauberei um "Einwanderung" oder "Zuwanderung" und eben der großen Bekenntnisprüfung an die Adresse von Bernd Lucke: "Sind wir ein Einwanderungsland?" – Hätte er "nein" gesagt, wäre er unten durch gewesen… Man merkt deutlich, wie es keinem gefallen hat, dass er die Prüfung bestanden hat.

https://youtu.be/xhO9lEWUeG0?t=44m21s




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Sonntag, 25. Februar 2018

Ich möchte die Bibel umschreiben.

Woimmer "Liebe Deine Feinde!" steht, möchte ich ein "Verstehe Deine Feinde!" anfügen.

Ich möchte es sogar vorn anstellen:

1. Verstehe Deine Feinde.

2. Liebe Deine Feinde.

Zuerst die mentale Berührung im Geiste. Der Einsatz von Vorstellungskraft. Dann eventuell die Liebe.

Oder: Liebe und Verstehen lassen sich gar nicht sauber trennen. Im Akt des Verstehens und offenen Wahrnehmens ist bereits "Liebe" enthalten. Es ist eine sehr leise, feine Liebe.




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Freitag, 23. Februar 2018

Wann gibt man einen von Krankheit oder Schwäche befallenen Organismus auf? Wann ist ein Gewebe so krank, dass man es nur noch herausschneiden kann, ja muss, weil es sonst den gesamten Körper vergiftet? Wieviel sollte man wegschneiden und wie wichtig ist es, auf jede einzelne Zelle zu schauen, damit man nicht unnötigerweise gesunde Zellen herausschneidet? Wann ist der Moment gekommen, wann man die Hoffnung aufgeben kann oder muss, dass sich eine Zelle noch heilen kann, dass sich ein Gewebe noch heilen kann? Ja, wann muss man vielleicht sogar den ganzen Organismus töten und viel Gutes aufgeben, weil die Ansteckungsgefahr für andere Organismen einfach zu groß ist? Wann ist vielleicht sogar das Töten nur auf den Verdacht einer Schädlichkeit hin erlaubt?

Ab wann wird es zur Pflicht, "die AfD" fallen zu lassen und sie als "endgültig böse" (faschistisch, rassistisch, menschenverachtend, etc.) zu behandeln?

(Man ersetzte, "die AfD" mit "die Muslime", "die Scientologen", "die Christen", etc. – und man denke an die vielen Sünden und Unmenschlichkeiten, die unter der jeweiligen Überschrift begangen wurden – und noch werden!)

Meine Antwort auf obige Frage ist: Dieser Punkt kommt bei Gruppenphänomenen eigentlich nie. Es gibt keine objektive Wahrheit über den moralischen Wert von Ideen, die sich ein Individuum im Detail immer selbst ausgestaltet. Es reichen drei, vier Figuren, ja es reicht eine einzige, die im guten Glauben an ihre Idee und ihre Organisation handeln und sie haben immer das Recht darauf, mit ihrem guten Glauben anerkannt zu werden. Und wer will schon mit Sicherheit sagen, dass sich diese paar Figuren nicht auch durchsetzen werden? Ja selbst, wenn sie sich nicht durchsetzen. Ihr Streben nach dem Guten, wie sie es sich vorstellen, ist immer erlaubt.

Vor allem halte ich die Frage für völlig offen, was der beste Weg einer "Bekämpfung" ist. Der eine Weg ist das Isolieren, Unschädlich-Machen oder gar Töten. Ein anderer Weg aber könnte so verfahren, dass man sich selbst und sein Gutes, sein gutes Herz und seine gute Absicht hineingibt. So könnte das Phänomen transformiert und "gerettet" werden – mitsamt allem guten Potential, das auch schon vorher darin war. In Bezug zur AfD hieße das: Trete DU in sie ein und mache sie dadurch ein Stück besser!

Übrigens glaube ich sehr stark an das Gute im Menschen. Vielleicht bin ich hier zu naiv.




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